Rezension

mal eine etwas andere Protagonistin

Ich, Eleanor Oliphant - Gail Honeyman

Ich, Eleanor Oliphant
von Gail Honeyman

Das Cover ist richtig schön. Die kleine Person, die balancierend auf einem bunten „Stein“ steht, der eigentlich ein großer Farbklecks ist.
Eleanor Oliphant ist ein typischer Einzelgänger. Sie geht zu Arbeit, geht nach Hause, kocht immer wieder dieselben Gerichte und hat sehr veraltete Ansichten und Einstellungen.
Zu Beginn des Buches dachte ich, dass es eine recht einfache und sehr unterhaltsame Geschichte sein wird. Und so war es zuerst auch. Wie z. B. der „Running Gag“ um Eleanors soziales Empfinden, das sie von allen anderen Menschen besondere soziale Kompetenzen erwartet, die sie selbst nicht ansatzweise hat. Aber im Laufe des Buches hat sich das anders entwickelt und mich hat einiges doch sehr irritiert.
Was genau mit ihrer Mutter „Mummy“ los war, wird erst später aufgedeckt. Allein beim Lesen hatte ich ein sehr ungutes und bedrückendes Gefühl, wenn die beiden telefoniert haben oder Eleanor über sie sprach.
Ihren Kollegen aus der Firma fand ich richtig großartig. Er ist so ganz natürlich und freundschaftlich aufgetreten, egal wie nüchtern und plump Eleanor ihn behandelt hat (schon das erste gemeinsame Trinken gehen hat ihre Einstellungen deutlich gezeigt). In vielen Situationen wusste ich auch nicht, ob ich laut loslachen oder mich wundern sollte.
Die Geschichte um den Musiker empfand ich zuerst als interessant. Ich hatte gedacht, dass Eleanor so aus sich heraus kommt und ihr Verhalten etwas sozialer wird. An manchen Stellen waren ihre Aktionen fast schon als Stalking auszulegen und dagegen waren ihre Gedanken und Vorstellungen wie eine naive Grundschulliebe. Genau hier merkte man, wie verstörend ihre Vergangenheit sein musste, um sie so kaputt zu erleben.

Sprachlich ist das Buch toll zu lesen. Erst amüsant, dann wieder bedrückend. In diesem Buch wird man als Leser durch sehr viele Emotionen gezerrt. Eleanor macht eine Entwicklung durch, die am Ende sehr schon zu lesen war. Die Vergangenheit und Bindung mit Mummy bleibt trotzdem lange ein Geheimnis, zu dem man sich erst selbst seine Version ausmalen kann.

Fazit: Amüsant, traurig und bedrückend, wie die Vergangenheit eines Menschen das soziale Empfinden beeinflussen kann.