Rezension

Mal witzig, mal ernst

Rückwärtswalzer oder Die Manen der Familie Prischinger - Vea Kaiser

Rückwärtswalzer oder Die Manen der Familie Prischinger
von Vea Kaiser

Bewertet mit 5 Sternen

~~Dieses Buch hat einfach Charme!

Ganz ehrlich? Am Anfang dachte ich auch noch: Hm, ist ja nix Besonderes, Mitt-Dreißiger in der Midlife-Crisis, findet Halt und Unterstützung bei seinen drei etwas schrulligen Tanten. Nett halt, manchmal witzig, aber besonders? Nö. Auch hat mich zunächst diese (erste) Retrospektive aus den 1940ern irritiert. Was sollte die denn inmitten dieser modernen Geschichte im Wien des neuen Jahrtausends? Doch als ich weiterhörte, ergab nach und nach alles einen Sinn - und auch eine Tiefe und Dichte, die mich positiv überrascht hat!

Vea Kaiser breitet vor der geneigten Leserin eine - zugegeben manchmal etwas skuril und morbide anmutende - Familiengeschichte aus: Lorentz, ein mehr oder minder gescheiterter Schauspieler in Wien, jammert sich durch sein Leben, wird lediglich immer wieder von seinen drei Tanten Mirl, Hedi und Wetti aufgemuntert und auch durchgefüttert. Eines Tages stirbt jedoch Onkel Willi, Hedis Lebenspartner. Da dieser aus Montenegro stammt, dort auch begraben werden wollte und leider das Geld nicht für eine sachgerechte Leichenüberführung reicht, fährt die Truppe, bestehend aus den drei betuchten Damen und Lorentz, mit dem tiefgefrorenen Onkel in einem durch nach Montenegro.

Was ein wenig nach Slapstick klingt und geradezu nach urkomischen, geradezu lächerlichen Situationen schreit, lässt jedoch bisweilen tief in die einzelnen Schicksale der drei Frauen und auch des Onkels blicken. Immer wieder wird der Erzählstrang der Gegenwart (ja, der Roadtrip IST auch lustig!) von Rückblenden abgelöst, in denen einzelne Lebensabschnitte der Tanten und Willis erzählt werden. Da liest man von Schuld, von Betrug und Betrogenwerden, von verpassten Chancen, von Einsamkeit und einer Traurigkeit, die stets irgendwo im Leben haften bleibt.

Vea Kaiser versteht es hier ganz großartig, Witz und Ernst zu einem ausgewogenen Ganzen zu verknüpfen. Die Toten und auch die, die uns verlassen haben, gegangen sind, lassen doch immer etwas in unserem Leben zurück, das uns - positiv oder negativ - begleitet.

Dieses Buch hat mich bestens unterhalten, nachdenklich gemacht und mir die Figuren näher gebracht. Genauso mag ich es!

5 von 5 Sternen

Kommentare

Sursulapitschi kommentierte am 09. Mai 2019 um 15:53

Ok, Muhme, ich lese es. Danke. 
Ich dachte: Spaßig-morbider Roadtrip, nein danke...