Rezension

Man kann sich die Abenteuer für die man gemacht ist, nicht immer aussuchen

Was man von hier aus sehen kann - Mariana Leky

Was man von hier aus sehen kann
von Mariana Leky

Mariana Leky hat mit ihrem Roman eins meiner Highlights in 2017 erschaffen. Bereits der Prolog ist ein sprachlicher und emotionaler Höhepunkt, obwohl man noch gar nicht erfährt, um was es eigentlich geht. Mich hat dieser Anfang lange nachdenklich gemacht, im positiven Sinne. 
In einem kleinen Dorf im Westerwald treffen wir auf einen Haufen skurriler, schrulliger Menschen, die man binnen einiger Seiten sofort ins Herz schließt. Schnell fühlt man sich als Teil dieser besonderen Dorfgemeinschaft und erkennt vielleicht sogar einige eigene Marotten in denen der Dorfbewohner wieder. 
Dort gibt es die weise, aber eigensinnige Selma, ihre oft verstockte Enkelin Luise, die auch die Erzählerin der Geschichte ist, den herzlichen und fürsorglichen Optiker, die abergläubische Elsbeth, die leicht gestörte Marlies und noch viele andere Charaktere, die alle wundervoll beschrieben werden. 
Unterteilt ist die Geschichte in zwei Teile. Im ersten Teil ist Luise erst zehn Jahre alt. Das ganze Dorf ist in Aufruhr, denn Selma hat von einem Okapi geträumt und immer, wenn dies passiert, stirbt binnen eines Tages ein Dorfbewohner. Angesichts des drohenden Unheils beginnen nun alle Anwohner des Dorfes, sich intensiv mit ihrem Leben auseinander zu setzen. Welche Chancen hat man nicht genutzt? Gibt es noch Dinge zu sagen oder zu tun? Findet man den Mut noch etwas zu tun, was man sich bisher nicht getraut hat? 
Im zweiten Teil des Buches wird schließlich Luises Leben näher beleuchtet. Sie ist mittlerweile Anfang zwanzig, lebt allein mit Hund Alaska in einer kleinen Wohnung der „Kreisstadt“ und macht eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Luise verliebt sich in Frederik, der als Mönch in Japan lebt. Und das funktioniert natürlich nicht ohne Komplikationen und vor allem nicht ohne die Bewohner aus ihrem Heimatdorf. 

Mariana Leky hat mit diesem Buch einen wundervollen Roman geschaffen. Ich habe gelacht, ich habe geweint, ich habe mit den Figuren mitgefiebert und fühlte mich schon schnell als Teil dieser Gemeinschaft. Der Roman ist sprachlich leicht verständlich geschrieben, hat dennoch sehr viel Tiefe und es fehlt nirgendwo an Emotionen. 
Selten habe ich einen Roman gelesen, der solch liebevoll gezeichnete Charaktere hatte und dessen Geschichte gleichzeitig leicht und doch auch tonnenschwer ist. 
Dieses Buch macht Mut. Mut, Risken einzugehen, über seinen eigenen Schatten zu springen und Dinge zu wagen, die man vielleicht eigentlich eher hätte sein lassen. Es lässt einen über seine eigenen Entscheidungen nachdenken und hallt lange nach. 

Absolute Leseempfehlung