Rezension

Man kehrt nie aus Auschwitz zurück

Und du bist nicht zurückgekommen - Marceline Loridan-Ivens, Judith Perrignon

Und du bist nicht zurückgekommen
von Marceline Loridan-Ivens Judith Perrignon

Bewertet mit 5 Sternen

Marceline ist 16 als sie gemeinsam mit ihrem Vater deportiert wird. Sie sind Juden, die in Frankreich leben. Er kommt nach Auschwitz, sie nach Birkenau, nur wenige Kilometer und doch trennen sie nun Welten. Sie konnten sich nicht einmal voneinander verabschieden.
Marceline Loridan-Ivens berichtet von ihrem Leben im Konzentrationslager, von der Kleidung, die sie den Toten abnehmen und dann selber tragen, von dem Rauch aus den Schornsteinen, von den riesigen Gräbern, die sie ausheben müssen und von Mengele, der sie untersucht, sie immer in 2 Gruppen teilt und man nicht weiß, zu welcher man gehört. Leben oder Sterben? Ist man noch gut genug für die Arbeit oder muss man in die Gaskammer gehen? Loridan beschreibt diese unwirkliche Hölle sehr emotional, sodass man mit dem Herzen ganz nah bei ihr ist und einen Hauch dessen erahnen kann, was ihr wiederfuhr.
Ihr Vater schreibt ihr einen Brief, doch sie kann sich nur noch an den Anfang erinnern: "Mein lieben kleines Mädchen" 70 Jahre später schreibt auch sie einen Brief an ihn, wohlwissend, dass er ihn nie lesen wird. Er kam nicht zurück, nicht so wie sie.

Ich fand die ersten Seiten des Buches unheimlich aufwühlend, mir kamen die Tränen und das, obwohl wir nie wirklich verstehen werden, wie es den Menschen in den Arbeits- und Konzentrationslagern erging, was sie durchmachen mussten, wie sie die Hoffnung verloren und freiwillig in den Tod gingen. Aber beinahe noch schlimmer empfand ich ihre Schilderungen von der Zeit danach. Ihre einsame Ankunft zu Hause, die Familie, die lieber den Vater gesehen hätte und eine Gesellschaft voller Antisemiten und des Totschweigens. Sie sollte einfach nicht mehr daran denken, dann werde es schon wieder werden.

Sie selbst sagt, dass sie in ihrem Kopf immer wieder im KZ war. Sie ist ihr Leben lang schlank geblieben, um nicht ins Gas zu müssen, sollten die Nazis doch wieder an die Macht kommen. Es ist ein einzigartiges Zeugnis dieser Zeit, welches so vieles auf wenigen Seiten vereint. Die Verzweiflung und Hoffnung, die unendliche Liebe zu ihrem Vater, ein lebenslanges Vermissen und Streben nach ihm. Es ist ein sehr bewegendes Buch, welches man unbedingt gelesen haben sollte. Es verdeutlicht einfach mehr als jede Geschichtsstunde, was unsere Nation Menschen angetan hat, die einfach nur einen anderen Glauben hatten und dies sollte immer in unseren Köpfen präsent sein, vor allem, wenn man die aktuellen Geschehnisse (v.a. Bei uns im "Osten") im Bezug auf Flüchtlinge betrachtet.