Rezension

Man muss aufmerksam zuhören

Wölfe - Hilary Mantel

Wölfe
von Hilary Mantel

„Wölfe“ erzählt die Geschichte von Thomas Cromwell und Henry VIII., dem König von England.
Der Hörer lernt Thomas Cromwell als Jugendlichen kennen, halbtot geprügelt von seinem eigenen Vater. Er kriecht zu seiner Schwester und von dort geht er seinen eigenen Weg in dieser Welt, denn von seinem Vater kann er nur noch mehr Schläge erwarten. An dieser Stelle macht das Hörbuch einen Zeitsprung und Thomas ist nun um die 40 Jahre, verheiratet mit Lizzy, der Tochter seines Geschäftspartners. Er hat seinen Weg bis hierhin gefunden und ist zu einem intelligenten Mann herangereift, der ein erstaunliches Machtgespür besitzt.
Die Stimme von Sprecher Frank Stöckle passt sehr gut zur Geschichte. Er findet immer den richtigen Ton. Der Stimme zu folgen, ist kein Problem, da es sich allerdings um ein historisches Hörspiel mit sehr vielen Persönlichkeiten handelt, kann man das Hörbuch nicht mal eben nebenbei hören, sondern man muss schon aufpassen, dass man den Faden der Geschichte nicht verliert. Mantel hat dabei einen interessanten Erzählstil gewählt. Ganz oft hört man die Worte: Sagte er und dann fragt man sich erst einmal, wer denn was überhaupt sagt, bis dann die Namen wieder fallen. Das „Er“ ist nicht unbedingt immer auf dieselbe Person bezogen.
Nach jeder CD wird es aber einfacher und bald hat man die meisten Protagonisten auch kennengelernt. Hilfreich ist dabei auch das Booklet der CD, in dem alle handelnden Personen aufgeführt sind. Schön herausgearbeitet hat Hilary Norman das Frauenbild in dieser Zeit. In einer Szene mit Thomas Morus/More ist mir fast beim Hören der Kragen geplatzt. Da lobt man sich doch die historische Entwicklung. Auch das Frauenbild am Hof ist sehr interessant. Mary und Anne Boleyn, Katharina von Aragón,  sind willensstarke Frauen, die ein einprägsames Bild in diesem Hörbuch bieten.
Mantel beschreibt feinfühlig und das ist ihre große Stärke. Sie kommt ohne opulente Szenen aus, dafür mit mehreren feinen und kleinen Ränkespielen, die sich zwischen den Protagonisten abspielen. Das Problem dabei ist nur, dass durch diese Art zu schreiben, das Hörbuch ein bisschen dahinplätschert und man höllisch aufpassen muss, dass seine Gedanken nicht in eine andere Richtung schweifen und man den Faden nicht verliert. Denn des Öfteren findet man nicht mehr in die Geschichte rein und muss dann noch einmal weiter vorne anfangen, was mit der Zeit etwas störend ist.
Das Ende fand ich etwas enttäuschend, weil es meinen Erwartungen nicht gerecht wurde. Ich dachte, es würde noch weiter in der Geschichte  voranschreiten, brach dann aber ab. Allerdings gibt es einen zweiten Band, „Falken“, in dem die Geschichte von Thomas Cromwell weitergeht.

Fazit

Wenn man „Wölfe“ als Hörbuch hört, sollte man sich Zeit dafür nehmen, damit man sich voll und ganz auf die Geschichte einlassen kann. Wenn man das tut, hat man ein durchaus interessantes und spannendes Hörbuch, welches dem Leser an den Hof von König Henry den VIII. entführt. Mantels Geschick, der Geschichte Leben einzuhauchen, und das Erzähltalent von Frank Stöckle lassen das Hörbuch zu einem Hörgenuss werden.