Rezension

"Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, aber das stimmt nicht."

Feldpost -

Feldpost
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 5 Sternen

Handlungsort ist Kassel, und umzu. Die Handlung spielt in zwei Zeitebenen und beginnt kurz vor Weihnachten 2000. Hier in Kassel lebt und arbeitet die Juristin Cara Russo, deren Freund eine kleine Buchhandlung in der Stadt unterhält. Heute gönnt sie sich eine kleine Auszeit im Café und wird dort von einer älteren Frau angesprochen, die sich dann merkwürdig mit ihr unterhält. Bei sich hat sie eine schwarze Einkaufstasche. Als die Frau von einem Toilettenbesuch nicht wieder kommt, erfährt Cara, dass diese alles bezahlt habe. Aber die Tasche nicht mitgenommen. Sie schaut hinein und dort befindet sich ein alter brauner Aktenkoffer. In diesem befinden sich einige Stapel alter Briefe. Etliche trugen den Stempel "Feldpost". Adressiert waren sie an eine Adele Kuhn. Zuhause will sie in Ruhe überlegen, wie sie mit dem Fund umgehen soll. Denn das war schon alles merkwürdig, was die Alte erzählt hatte.
Mit "Feldpost" ist der Autorin ein großartiger Roman gelungen. Sie erzählt die Geschichte zweier Familen, deren Kinder miteinander befreundet waren. Zur Familie Kuhn, der Vater hatte ein Speditionsunternehmen, gehörten neben der Mutter die Kinder Adele und Albert. Die Freundschaft zwischen Albert und Richard Mertens überschritt die damalige Sittenmoral. Gerhard Kuhn hatte mit dem neuen Regime nichts am Hut und musste für seine Kritik ins Gefängnis. Irgendwann nach dem Gefängnis beschließen die Eltern, voraus nach Frankreich zu gehen. Albert und Adele sollten erst einmal hier bleiben und dann nachkommen. Doch dann kommt der Zeitpunkt, dass Albert das Haus an Hermann Mertens verkaufen muss. Doch im Vertrag kommt der Zusatz, es jederzeit nach allem zurückkaufen zu können. Irgendwann im Laufe der Zeit stellt Adele fest, dass die Tochter Mertens eingezogen war. Und noch schlimmer, all die Sachen der Familie, die im Keller eingelagert war, hatte sie sich angeeignet.
Caras Interesse ist geweckt und sie beginnt zu recherchieren.
Der Wechsel zwischen den einzelnen Erzählperspektiven, ob Adele, Cara oder Richard bringen die Geschichte sehr nah an den Leser. Jede der einzelnen Charaktere zeigen sich lebendig. Gerade Cara, die dann auch noch auf den lebenden Richard trifft, lässt nicht nach, das Mysterium zu lösen.
"Feldpost" ist mehr als nur ein vergangenes Familiendrama aus dem dunklen Kapitel deutscher Geschichte. Es blickt intensiv auf die Zeit des Nationalsozialismus, und den damit verbundenen Konsequenzen. Auch wenn es immer heißt, man soll die Vergangenheit ruhen lassen, das kommt für dies nicht in Frage. Dinge die den rechtmäßigen Besitzern entwendet, enteignet wurden, und dann hoffe, irgendwann wird niemand mehr da sein, der Anspruch erheben kann.
Von mir erhält das Buch eine klare Leseempfehlung.