Rezension

Manchmal ist weniger mehr

Manhattan Beach - Jennifer Egan

Manhattan Beach
von Jennifer Egan

Bewertet mit 3.5 Sternen

New York während des zweiten Weltkriegs. Die junge Anna begleitet ihren Vater auf seinen Botengängen für Gewerkschaftsbosse; dabei trifft sie unter anderem auf den erfolgreichen Gangster Dexter Styles. Der Roman erzählt die Geschichte dieser drei Personen während der Kriegsjahre. Ihre Lebenswege kreuzen sich immer wieder auf unverhofften Wegen und mit einschneidenden Konsequenzen.

Im Zentrum steht dabei Anna, die sich gemeinsam mit ihrer Mutter um ihre behinderte Schwester Lydia kümmert. Gleichzeitig fängt sie als Arbeiterin in der Werft an, wo aufgrund des Männermangels nun auch Frauen beschäftigt werden. Anna aber möchte noch mehr, nämlich als erste Frau als Taucherin arbeiten.

Anna ist meistens sympathisch, gibt nicht schnell auf und geht zielstrebig ihren Weg, auch wenn dieser steinig ist. Die Autorin schildert das New York dieser Zeit überzeugend als Panorama, in der sich althergebrachte Traditionen verschieben, Gewissheiten auflösen und dadurch – bei aller Grausamkeit und Tragik des Krieges – neue Möglichkeiten der Lebensführung entstehen, alte Grenzen teilweise aufgebrochen werden. Das liest sich meistens recht flüssig und die Erzählstränge zu Anna und ihrem Vater haben mir gut gefallen. Leider wird es aber durch den dritten Strang um den Gangsterboss etwas überladen, zumal ich mich für diesen auch weder erwärmen noch groß interessieren konnte. Dadurch entstehen Längen, die mich wiederum auch von den anderen Protagonisten immer wieder etwas entfremdet haben. Hier wäre meines Erachtens weniger mehr gewesen. Wenn es schon ein dritter Erzählstrang sein soll, dann wäre meine Wahl definitiv auf Annas Mutter gefallen, die für eine Frau ihrer Zeit ein sehr bewegtes und spannendes Leben geführt hat.