Rezension

Medizinische Sternstunden

Die Charité - Ulrike Schweikert

Die Charité
von Ulrike Schweikert

Bewertet mit 5 Sternen

1831 Berlin. Im Stadt- und Universitätskrankenhaus Charité haben die Ärzte und auch die Krankenwärter alle Hände voll zu tun, denn in Berlin ist die Cholera ausgebrochen. Die Menschen sterben wie die Fliegen und kaum jemand überlebt die Seuche. Der Chirurg Professor Johann Friedrich Dieffenbach und seine Kollegen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Ursachen der Krankheit zu erforschen und ein Heilmittel zu entwickeln. Darunter leidet seine Ehe, doch findet er in der verheirateten Gräfin Ludovica seine Muse, die im sowohl die finanziellen Mittel für das Krankenhaus zur Verfügung stellt, als auch sein Herz höher schlagen lässt. Währenddessen muss sich die Hebamme Martha Vogelsang allein um das Überleben für sich und ihren kleinen Sohn kümmern, weil ihr Mann sie verlassen hat. Sie entscheidet sich dafür, den Dienst als Hebamme aufzugeben und im Totenhaus der Charité zu arbeiten. Ihre Freundin Elisabeth Bergmann hat ihre ganze Familie verloren und beginnt ihre Ausbildung als Krankenwärterin, wo sie den Ärzten schnell durch ihre Fürsorge für die Patienten und ihre Sorgfalt auffällt, besonders einem…

Ulrike Schweikert hat mit ihrem Buch „Die Charité – Hoffnung und Schicksal“ einen sehr fesselnden historischen Roman vorgelegt, der den damaligen medizinischen Alltag über einen Zeitraum mehr als von 10 Jahren in dem noch heute berühmten Berliner Krankenhaus beleuchtet. Der Schreibstil ist flüssig, atmosphärisch dicht und spannend, der Leser wird regelrecht in die Seiten gesogen, um als stiller Beobachter im Berlin des 19. Jahrhunderts durch die Gänge der Charité zu wandeln und den Ärzten, Krankenwärtern und Patienten über die Schulter zu sehen. Die Handlung wird aus den verschiedenen Perspektiven der Protagonisten erzählt und lässt den Leser so eine rundum gelungene Geschichte mitverfolgen. Die Autorin versteht es geschickt, historische Zeitgeschichte mit Fiktion dicht zu verweben und dem Leser so ein gutes Gesamtbild der damaligen Lage zu vermitteln, wo mit einfachsten medizinischen Utensilien zu Werke gegangen wurde und man eigentlich nur froh sein kann, in der heutigen Zeit die moderne medizinische Versorgung zu haben. Sehr plastisch werden Operationen, Behandlungen, Lehrveranstaltungen sowie Forschungsversuche geschildert, so dass der Leser das Gefühl hat, genau daneben zu stehen. Dabei wird einem bewusst, wie hoch die damalige Sterberate war und dass die Ärzte auch bei so vielen Misserfolgen weiterhin unermüdlich nach einer Lösung geforscht haben.

Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Durch ihre individuellen Eigenschaften wirken sie lebhaft und authentisch. Professor Dieffenbach ist ein unermüdlicher Mann, der Kampf für seine Patienten hat oberste Priorität. Dass sein Privatleben darunter leidet, nimmt er in Kauf. Er besitzt einen wachen Geist und ist energisch, aber auch mitfühlend und offen für Neuerungen. Gräfin Ludovia ist eine freundliche Frau, die mit einem Ehemann geschlagen ist, der egoistisch und selbstbezogen ist. Maria ist eine mutige und starke Frau, die für sich und ihren Sohn ums Überleben kämpft. Elisabeth ist interessiert an allem Medizinischen, sie ist intelligent und sieht schnell, wo die Missstände liegen, um diese dann gegen den Widerstand auszumerzen. Sie hat eine eigene Meinung, die sie auch kundtut und sich den Mund nicht verbieten lässt. Auch die übrigen Protagonisten lassen die Handlung durch ihr Erscheinen lebendig und realistisch wirken, wobei man so bekannte Namen wie Heinrich Heine und Alexander von Humboldt erleben kann.

„Die Charité – Hoffnung und Schicksal“ ist ein großartiger historischer Roman über das Leben und Wirken an dem bekannten Krankenhaus, durch dessen Forschung und Entwicklung über die vergangenen Jahrhunderte die Medizin wahre Fortschritte für die Menschheit erreicht hat. Absolute Leseempfehlung für einen Erlebnisroman erster Klasse!