Rezension

Mehr als aktuell und brisant

Davor und Danach - Nicky Singer

Davor und Danach
von Nicky Singer

Bewertet mit 5 Sternen

"Davor und Danach" besticht zunächst durch das außergewöhnliche Cover. Auch wenn die Vorderseite recht dunkel gehalten ist, überstrahlt der Glanz in orangen und goldenen Farbtönen. Der Buchrücken ist um einiges heller und ebenfalls in orangen und goldenen Farbtönen gehalten. ich finde es wirklich faszinierend und wunderschön, wobei es optisch brilliert, da die Story an sich eher traurig und dramatisch ist. Es wird eine Zukunft erzählt, die mich sehr beängstigt, wobei manches schon eingetroffen ist. Hunger, Mord und Überbevölkerung ist in unserer Welt schon in Übermaßen vorhanden. Die Welt in der sich Mhairi bewegt ist in meinen Augen doch noch sehr fiktiv, obwohl ich viele Elemente, die sich im Buch befinden doch als authentisch dargestellt sehe. Mhairi erzählt ihre Geschichte im "Davor" und "Danach", wobei mir das "Davor" um einiges besser gefällt, da es harmonischer wirkt als im "Danach", denn Mhairi schlägt sich alleine durch und muss viele Gefahren überwinden, da sie ihre Großmutter erreichen will. Was mit ihren Eltern geschehen ist, wird erst zum Ende hin bewusst, obwohl ich es schon lange ahnte, ist es ein harter Schlag. Mhairi ist erst 14 Jahre alt und hat schon einiges Grausames erlebt, der Tod ist nur einiges davon, obwohl dieser immer präsent ist, da scheinbar niemand das Leben wertschätzt. Mhairi ist ein Flüchtling und kennt Hunger und Durst. Als sie sich des Jungen annimmt, der auch zum Ende hin keinen wirklichen Namen erhält, geht sie ein hohes Risiko ein, denn dieser gehört zu den "Unerwünschten". Das Land ist voll von "Unerwünschten" und es ist kein Platz und nicht genügend Essen vorhanden, um die Menschen in die Länder einzugliedern, daher droht Abschiebung. Zuvor werden sie in sogenannten Auffanglagern aufgenommen, bis entschieden wird, was mit ihnen geschieht. So ganz unbekannt erscheint mir dieses nicht und auch Abschiebungen sind unserer Zeit keine Fiktion. Besonders grausam empfand ich die Reaktion des Jungen, als er in ein Boot steigen sollte. Mir kam sofort Lampedusa in den Sinn, wo viele Flüchtlinge ihr Leben lassen, da die Boote kentern oder zu voll sind mit Menschen. Es ist ein unbewusstes Grauen, welches "Davor und Danach" in mir auslöst. Kann es die Lösung sein, sein Leben in einem bestimmten Alter mit Kalium zu beenden? Wäre dies Konsequent? Ich bin tatsächlich fassungslos und maßlos schockiert über die Story die von der Autorin Nicky Singer genutzt wird, um uns Menschen zum Aufwachen zu nötigen. Gewünscht hätte ich mir ein anderes Ende für den Jungen und Mhairi, aber da die Story insgesamt schon einen dunklen Hintergrund besitzt wie das Cover auch sehr deutlich macht, kann es kein helles Licht geben, welches ein gemeinsames, friedliches Leben möglich macht. 
Eine Leseempfehlung an einen Roman, der nachdenklich stimmt, aber die Zielgruppe junger Leser_innen ab 14 Jahren sicherlich überfordern wird. Nicky Singer führt nicht alles Erleben im Detail aus, aber das, was sich dann in meinem Kopf abspielte, stimmt traurig und gibt dem Buch echte Dramatik. Es geht um das Überleben in all seinen Facetten, einen Überlebenskampf, der auch aufzeigt, wie schön das Leben unter grausamen Bedingungen sein kann, denn man lernt es zu schätzen, wenn Bequemlichkeit gegeben ist oder schöne Momente das Leben heller machen.

"Überleben, fällt mir da wieder ein, ist ein längeres Unterfangen." 
(Zitat S.237)