Rezension

Mehr als Mütter

Die Zehnjahrespause - Meg Wolitzer

Die Zehnjahrespause
von Meg Wolitzer

Bewertet mit 4 Sternen

Vier ganz unterschiedliche New Yorker Freundinnen, die sich zum quatschen gerne auf einen Drink im "Golden Horn" treffen - nein hier geht es nicht um Sex and the City, sondern um Meg Woitzers neuesten Roman "Die Zehnjahrespause". So haben unsere Freundinnen hier gemeinsam, dass sie alle zu Hause bei den Kindern bleiben während ihr Mann jeweils arbeitet. Nicht ganz so Hip wie in der Serie aber durchaus Alltag für viele Frauen, die ihrem "Mr. Big" schon gefunden haben. Allein die Gründe für ihr "Hausfrauendasein" sind grundlegend verschieden.

Da wäre zum Beispiel die intelligente Jill, die an ihrer Doktorarbeit scheiterte und nach einem kurzen Ausflug in die Filmbranche keinen neuen Job ergriff, weil sie sich jahrelang vergeblich darauf konzentrierte ein Kind zu bekommen. Nun ist sie aus der Großstadt ins ländliche gezogen, vermisst ihre besten Freundinnen und sorgt sich zunehmend um die geistigen Fähigkeiten ihrer Adoptivtochter und ihre eigenen Gefühle im Bezug auf das stille Mädchen. Oder Amy, die ihren Job als Anwältin nie geliebt hat und froh war, sich voll und ganz um ihren Sohn kümmern zu können. Doch nach zehn Jahren als Hausfrau und mit einem immer selbstständiger werdenen Sohn zweifelt sie an ihrem Lebenskonzept. Auch das Geld ist knapp, da ihr Mann alleine nicht genug verdient für das teure New Yorker Appartment und diverse Sonderwünsche. So hat keine der Freundinnen im Leben genau das erreicht, was sie sich einst vorgestellt hatte. Doch ist das wirklich so schlimm?

Die Zweifel und Ängste der Frauen sind anschaulich beschrieben. Von der Angst im Beruf keinen Fuß mehr fassen zu können über die komplexen Gefühle im Bezug auf die eigenen Kinder, im Alltag verlorene Kreativität, Neid auf den eigenen Ehemann, Geldsorgen oder einem Unterlegenheitsgeühl anderen, berufstätigen Frauen gegenüber ist alles dabei. Sehr gefallen hat mir dabei, dass jede der Frauen dabei eine Entwicklung durchmacht. Sie gelangen zu Erkenntnissen, reflektieren sich selbst, ihre Beziehung, ihre Vergangenheit.

Auch wenn das Mutter-sein einen großen Platz im Leben der Frauen einnimmt, ist es nicht das, was Wolitzer vordergründig beschreibt. Die Kinder spielen nur eine Nebenrolle, was ich persönlich sehr angenehm fand. Die Frauen sind alle lange genug Mutter um nun ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen wieder in den Vordergrund stellen zu können. Ebenfalls gut fand ich, dass auch die Väter ihren Part bekommen und durchaus auch deren Probleme und Sorgen behandelt werden - die ja keineswegs kleiner sind als die ihrer Frauen.

Die Zehnjahrespause ist eine schöner, etwas beschaulicher Roman der auf angenehme Weise zum Nachdenken anregt. Sei es über die Entscheidungen der Frauen im Roman, über Geschlechterrollen, Feminismus oder eigene Vorurteile und Wünsche. Ein gutes Buch mit aktuellem Thema, das ich gerne gelesen habe. An Woitzers "Die Interessanten" ist für mich aber leider noch keiner ihrer nachfolgenden Roman herangekommen. Auch wenn es hier durchaus Potential dafür gab: Nur konzentriert sich diese Geschichte eben nicht auf die Frauengruppe und ihre Freundschaft, sondern mehr auf deren allgemeine Lebenssituation. Auch das ist interessant, aber zum verlieben fehlte dann doch noch ein Tick.