Rezension

Mehr als tausend Tränen.

Mehr als tausend Worte - Lilli Beck

Mehr als tausend Worte
von Lilli Beck

                           
Mehr als tausend Tränen.

 

Um diesen wunderbaren Roman zu beschreiben, braucht man keine tausend Worte. Eins reicht: GENIAL!

Natürlich mache ich es mir jetzt nicht ganz so leicht. Ich werde ein bisschen von Menschen erzählen, die mir an’s Herz gewachsen sind. Allen voran Aliza. Das natürliche 17jährige  Mädchen konnte mich von Anfang an berühren. Aliza besitzt die Begabung, auch in schwierigen Zeiten die positiven Dinge zu sehen . Verzweiflung wird 1938 groß geschrieben. Nachdem man Alizas Opa weggebracht hat, ist nichts mehr wie es war. Alizas Vater ist ein hervorragender jüdischer Arzt, der lange nicht daran glaubt, dass ihnen etwas zustoßen könnte. Die Familie muss schon bald einsehen, dass sie als Juden in Deutschland nicht mehr sicher sind. Aliza ist verliebt in den Juwelier Sohn Fabian, der ihr ewige Treue schwört. Er ist Arier und steht zu seiner großen Liebe. Dennoch rät er Aliza, nach England zu immigrieren. 

Die Trennung des Liebespaares hat mich traurig gestimmt. Schlimm fand ich auch, wie man Alizas Eltern um ihr Vermögen gebracht hat. Der Nachbar Karoschke wollte angeblich nur helfen. Dennoch bemerkt man schon bald seine Habgierigkeit. Ich habe mich gefragt, ob mich der Besitz anderer Menschen glücklich machen würde, denen er geklaut wurde. Die noch leben. Die auf einmal in Armut leben. Die sehen, wie ich mit ihrem Besitz ein besseres Leben führe. Undenkbar! Karoschke ist Finanzbeamter!!! Karoschke ist Blockwart. Karoschke will Frau und Tochter verwöhnen. 

Die Geschichte war für mich eine emotionale Achterbahn. Ich konnte nicht fassen, was man aus einer jüdischen Arztfamilie gemacht hat. Samuel konnte die Wut seines Sohnes gut verstehen. Dennoch duldete er sie nicht, da Juden sich besser unauffällig verhalten sollten. Seine Frau ist tapfer und beklagt sich nie. Seine Mutter verzichtet auf Essen, um es ihrem Enkel zukommen zu lassen. Sie erledigen niedere Arbeiten, um sich die Reise nach England leisten zu können. Den wohlhabenden Arzt Samuel Landau gibt es nicht mehr. 

Alizas Leben in England ist spannend und hält viele Abenteuer für sie bereit. Die Sorgen um ihre Familie in Berlin zermürben sie oftmals. Sehnsüchtig wartet sie stets auf Briefe von ihrem Liebsten. Bald ist auch England für Juden nicht mehr sicher. Ein Pfarrer, wie ihn die Welt nicht braucht, hat mich sehr wütend gemacht. 

Ich habe in dieser Geschichte viele Menschen kennengelernt. Hilfreiche und Gütige ebenso wie Ängstliche und Brutale. Menschen die Juden nicht mehr helfen konnten, da sonst ihre eigene Existenz auf dem Spiel stand. 

Mehr als tausend Tränen wurden bei der Judenverfolgung vergossen. Angst ist ein schlechter Nährboden. Angst macht so manches mal aus Menschen Bestien.

Eine emotionale Geschichte, die bildgewaltig rüberkommt. Die Protagonisten wachsen dem Leser an’s Herz. Man leidet mit den Menschen mit. Man hofft mit ihnen. Die Ängste der Juden werden reflektiert. Die Geschichte wird in der dritten Person erzählt. Der Schreibstil liest sich wie Butter. Die Autorin hat den Fokus auf die Gefühle der Protagonisten gelegt. Das Thema Holocaust mal von einer anderen Seite durchleuchtet. Eltern müssen sich von ihren Kindern trennen.

Ob mir das Ende gefallen hat? No Comment …….Eine absolute Empfehlung von mir. 

Tausend Dank Lilli Beck.