Rezension

Mehr Cross Media Projekte

Feuerstimmen - Christoph Hardebusch

Feuerstimmen
von Christoph Hardebusch

Bewertet mit 3.5 Sternen

"Wie eine Queste."

Was ist das? Jetzt gibt die Key nicht nur andauernd ungefragt Links zu Songs nebenher, die ihr in den Sinn kommen oder auf die im Buch Bezug genommen wird? Jetzt gleich ganze Alben?
Ja, Tatsache. Genauso ist das Buch in der Verlagsvorschau letztes Jahr gezeigt worden. Und ich plaudere mal aus dem verborgenen Nähkästchen der Lesekatzen. Ich habe nämlich einfach gesagt: „Waaas? Van Canto? Egal was es ist, ich nehm’ das Buch!“ Gesagt, getan, Klappentext gar nicht erst gelesen, nur das Feuer gesehen und den sympathischen Autoren nebst Cover und dem Hinweis, dass es eine Überschneidung zur Band geben wird. Und tada, pünktlich zum Erscheinungstermin hatte ich ‚Feuerstimmen‘ zu Hause und es in einem Haps eingesogen, vielen Dank Piper.

Wer bitte ist Van Canto? Und wer ist Christoph Hardebusch? Und wieso tun die sich zusammen?
Erst einmal: Weil es absolut richtig ist! Ich liebe diese Schnittstelle: Musik und Roman.
Van Canto ist berühmt für ihren: Rakkatakka und DahDah - ‚Sound‘. Ich reiche gleich noch eine Musikprobe von earMUSIC. Aber in Kürze kann man sagen: Heavy Metal a capella. Ihr einziges Instrument ist das Schlagzeug, da niemand mit dem Mund da heran reicht.
Christoph Hardebusch ist bekannt geworden durch: ‚Die Trolle‘ und sieht nicht nur mit den langen Haaren aus wie ein Rocker, laut seiner Seite, hört er es auch gern. Was wohl auch Voraussetzung dafür ist, sich Van Canto zu schnappen.
Der Danksagung im Buch nach, muss das ein wahrlich überbordender Austausch an Kreativität gewesen sein.

Es kann daher durchaus sein, dass diese Rezi, selbst für meine Verhältnisse, etwas länger wird. Da ich euch mein kleines Experiment schildern werde. Dabei unerlässlich wird es sein, mich nicht nur auf das Buch zu beschränken, sondern den ‚Soundtrack‘ mit einzubeziehen. Eben genau so wie es mir angekündigt wurde in der Werbung zu diesem Roman. Im Übrigen wünsche ich mir viel mehr CrossMedia-Projekte. Blind Guardians: ‚Lord of the Rings‘ oder Schandmauls: ‚Saphira’ waren zwar als Hommage schon schön; Nightwishs ‚Imaginaerium‘ gar nicht mal übel; doch erhoffe ich mir von ‚Feuerstimmen/ Voices of Fire‘ noch einiges mehr.
 

"Die Welt war verrückt geworden."

Fangen wir vorne an, wie ich auf das Buch aufmerksam wurde, wisst ihr nun. Dann war es da und beim ersten Durchblättern stellte ich schon einmal folgendes fest: Es gibt keine Kapitel. Das heißt nun aber nicht, dass das ganze Buch ein fortlaufender Text ist. Stattdessen sind in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Ausschnitte der (englischen) Lyrics der Songs abgedruckt. Ansonsten springen wir einfach nur zwischen den Perspektiven: Aidan und Elena (konsequent) hin und her. Weiter gibt es eine Karte. Und die gleich zwei Mal. Was auch nötig ist, da der schwarz/weiß Druck auf S. 6 und 7 leider in der Buchbindung verschwindet. Dafür ist die in Sepia im Buchdeckel aber umso schöner.
Das Experiment also: Erst dann das entsprechende Lied anhören, wenn das Buch es angibt.

Der Beginn macht dabei: Clashing on Amour Plates, auch der Prolog ist eingesprochen worden und zwar von John Rhys-Davies (Gimli, Herr der Ringe), der in weiteren Liedern immer mal wieder etwas zu erzählen haben wird. „Mind brrroken“ Kribbelgefühle inklusive.
Es wird recht poetisch gestartet und es wird schon dort deutlich: Die Helden die uns erwarten werden sind: die Barden. (Für jeden Rollenspieler wohl ein Grund die Augenbraue hochzuziehen.)

Wir lernen den Protagonisten kennen: Aidan. Der mit seinem langjährigen Freund Revus in einem Scharmützel mit Straßenräubern irgendwo ‚am Rand der Welt‘ hängt. „Enttäuschend.“ konstatiert einer der beiden, meint den Landstrich - ich jedoch meine das Lied über Piraten und deren tollkühne Kapitänin. Wir wissen bereits, dass Buch und das Album der Band gehen Hand in Hand und jetzt wird mir ein schickes Schanklied geboten, welches allerorten mitgesungen wird und ausgerechnet DAS bekomme ich nicht zu hören. Mit einem Wort: enttäuschend. Abgesehen davon war dieser Schlamassel mit den Räubern wie der Beginn von: „Der Thron von Melengar“.
Wechseln wir zu Elena, der Königin von Arcos, die begleitet wird von ihrer Schwertdame: Kaleona. (Letztere hat übrigens eine Iris-Heterochromie, was aber nie wieder erwähnt werden wird.)
Hierzu wird das Lied ‚Dragonwake‘ samt Chor kredenzt, wobei das jetzt nicht wirklich etwas mit der Einführung der Charaktere zu tun hat. (Es ist nicht immer ganz klar, ob die Lieder vorangestellt sind oder sich auf das beziehen was nach ihnen passiert.)
 

"Manchmal erzählen Barden ganz schönen Mist."

Übrigens diese zwei Pärchen werden das ganze Buch über bleiben. So viel mehr gibt es nämlich auch nicht, an erwähnenswerten Leuten. Eine ganze Weile bleibt das jetzt getrennt. Die Männer schlagen sich in einem Fischerdorf mit Seetang-Ale und Seemonstern herum. Während die beiden Damen feststellen, dass die Bevölkerung der isolierten ‚gesegneten Inseln‘ korrumpiert wird von einer außergewöhnlich mächtigen magischen Macht.
Dazu gibt es ‚Time and Time again‘ in dem unter anderem gegen innere Dämonen gekämpft wird und für mich Lieblingslied verdächtig ist.
Noch mehr und mehr Lieder werden über das ganze Buch gesungen, die alle NICHT auf der CD sind. Aber weit weg von den beiden Schwertschwingenden Barden als auch den beiden Schwertführenden Damen sind die Lieder nicht. Aidan ist nämlich derjenige der an etwas Vergangenem zu knabbern hat und Elena ‚All my Life‘ durch ihre Erziehung Verpflichtungen hat.

Im ‚Honiglicht des vergehenden Tages‘ treffen die Vier dann mal aufeinander und Aidan meint flapsig: „Und egal, wohin sie reisen, wir wählen die entgegengesetzte Richtung.“ (S. 194) Und das einzige was mir dazu einfällt ist: Na hoffentlich.
 

"Und es hat fast die Welt gekostet."

Begeben wir uns mal in den Abschnitt mit dem Lied ’The Betrayal’. Denn diesen Song mochte ich auch sehr, ebenso wie die dazu gehörige Szene im Buch. Wobei… nun ja, sie hätte halt einfach epischer sein können. Die Musik schafft das was der Text leider nicht hinbekommt: richtig episch sein. Schade nur, dass es von einer Frau gesungen wird, denn mit der Zeile: ‚He is the love of my life‘ habe ich ganz andere Zusammenhänge im Kopf. Ich kann aber verstehen, dass ’Two hearts beating in harmony’ auf ein bestimmtes Paar abzielt.
Leider war seit dem Verlassen von Gorint eine so schlechte Stimmung bei mir aufgekommen, dass ich jetzt sagen muss: Das war alles so vorhersehbar.

Ein weiterer Song, in den ihr mal reinhören könnt wäre dann: ‚The Bardcall’. Um den es nämlich wirklich geht in ‚Feuerstimmen‘. Der Bardenruf, beziehungsweise der Bardensturm. Und nun ja, ich halte ‚Bardensturm‘ tatsächlich nicht für den passenden Titel, aber ’Sturmstimmen‘ wäre auf alle Fälle passender gewesen für dieses Werk als Feuerstimmen. Schätze ‚Feuer‘ soll hier für Leidenschaft stehen und gegenseitig mitreißen und aufstacheln und kämpfen. Denn wenn ich ehrlich bin, die Hauptschauplätze des Buches sind: Wasser, Fischerdorf, Hafenstadt, Wasserfall, Fluß, Lagunenstadt, Inselreich. Ja, doch, obwohl es konträr aussieht, habe ich das Feuer vermisst. Ich hatte bei dem Lied auch mehr so einen Tross Barden im Kopf die unter frenetischem Jubel in eine Stadt einkehren wie die Helden die sie eben sind (oder noch werden). Ein wenig am Sinn des ‚Rufes‘ also vorbei geschrammt. Das macht ‚Hymn‘ aber definitiv wieder wett.
 

Fazit

Die Lieder des Albums wirken um einiges epischer als das Buch. Ich bereue es, nicht das Hörbuch gehört zu haben, ich bin mir sicher, dass das viel mehr hergeben könnte. Vielleicht prüfe ich das bei Gelegenheit noch mal.
Aidan und Elena legen hier ein 1A Duett auf das Parkett und alle anderen sind völlig unwichtig. Alle vier Figuren sind ohnehin ziemlich übermächtig (obwohl sie sich von Wunden und Alkoholkatern erholen müssen). Spannung wird hier so sehr übertrieben, dass es hektisch und abgehackt wirkt. Humor ist vorhanden und bringt mich zum schmunzeln. Der Antagonist ist nicht anwesend, daher für mich als Leser nicht greifbar, 'es' schickt nur seine Heerscharen an Kanonenfutter.

Stichwort Logikmacken: weil die einen zu Pferd unterwegs sind, die anderen zu Fuß (dann erst noch in die falsche Richtung gehen und einen Stopp in einer Bibliothek einlegen) und dennoch einfach wieder einholen. Abgesehen davon, geht man laut Karte von der Hafenstadt aus nach Osten, würde man ziemlich schnell ertrinken. Das verleidet einem dann doch die immer mal wieder durchscheinenden schönen Ansätze.
Ich gestehe, für einen Moment war ich dafür, dass lieber die Geschichte erzählt werden sollte, wie Aidan in den Himmel und die tiefen Tiefen der Welt steigt um seinem Freund die Stimme wiederzubringen!

Das war keine Epik, es war eine Queste. Fein und schön aber nicht überdurchschnittlich gut.
Solltet ihr das nach machen?
Generell: Ja, warum nicht? Die Musik ist überragend, bleibt (mir) lang im Kopf und somit auch die Queste des Romans. Ich muss nicht einverstanden sein mit den Wendungen, Charakteren und ihren Beziehungen untereinander. Ich kann auch einfach mal sagen, ich nehme sie so hin wie sie sind und spinn' mir meine eigene Idee weiter.
MEHR Cross Media Projekte! Ich finde, das wertet sich gegenseitig ziemlich auf.

Meiner Erwartung konnte es nicht gerecht werden.

 

Rezension im Original auf der Seite der Lesekatzen