Rezension

Mehr Drama als Thriller

Im Dunkel deiner Seele - George Harrar

Im Dunkel deiner Seele
von George Harrar

Bewertet mit 1.5 Sternen

Evan ist Philosophieprofessor und hat gerade ein Buch veröffentlicht. Alles ist scheinbar gut. Doch dann wird er plötzlich verhaftet und soll einen Teenager entführt haben.

Das Cover spricht mich jetzt nicht so direkt an, obwohl es natürlich sehr geheimnisvoll wirkt.
Als allererstes ist mir aufgefallen, dass der Roman selber auch sehr philosophisch geschrieben wurde. Nicht nur Evan benimmt und redet viel darüber oder überdenkt den Sinn von Worten, auch alle anderen, allen voran seine Frau wählen ihre Worte mit Bedacht. Aber generell wird der eher trockene Schreibstil unterbrochen von philosophischen Einschüben. Das ist mal was anderes und obwohl ich mich daran gewöhnen musste, fand ich es dennoch nicht schlecht.
Allerdings hat mich sehr gestört, dass die Spannung nur sehr subtil im Hintergrund vorherrscht. Und dort bleibt sie dann auch regelmäßig. Wenn man einen Thriller,
wie angekündigt, erwartet, wird man in dieser Hinsicht etwas enttäuscht.
Denn auch die Entführung und die Ermittlungen gegen Evan treten immer öfter in den Hintergrund und so bleibt eigentlich nur ein Familiendrama. Denn im Laufe der Geschichte fragen sich alle, ob und was Evan mit der Sache zu tun hat.
Damit hätte man einen sehr spannenden Plot schreiben können, aber das ist nicht so gut gelungen fand ich.
Evan selber wirkt im Buch, als würde er sein wahres Wesen unterdrücken, aber wäre er auch zu einer Entführung fähig?
Genauso empfand ich die Ehe zwischen ihm und Ellen als etwas eingeschlafen und außerdem reagiert sie auf alle Situationen äußerst seltsam. Was läuft da nur zwischen den beiden?
Selbst ihre beiden Söhne, Adam und Zed, wurden meiner Meinung nach immer komischer und so hat man eine Familie, die einige Probleme zu haben scheint, aber nicht darüber reden kann. Obwohl sie so viel Gewicht in die Kraft der Worte legen.
Es wird einfach sehr viel geredet, aber ich hatte an vielen Stellen das Gefühl, als wäre das alles nur heiße Luft. Ohne Mehrwert für irgendwen, vielleicht noch nicht mal für den Redner selbst.
Man kann Evan irgendwann einfach nicht mehr trauen, denn es geschehen Dinge, die ihm komisch erscheinen und verwirren und Ellen einfach nur kalt lassen.
Wer steckt dahinter? Und warum? Oder ist Evan das doch alles selber und erinnert sich einfach nur nicht mehr daran?
Viele Fragen werden aufgeworfen und es gibt Details im Buch, die eine Spannung aufbauen könnten, aber leider irgendwann auch in Vergessenheit geraten. Es gibt einfach sehr viel Verdrängung im Buch. Sei es von den Charakteren selber oder vom Autor, der Details einfach unter den Tisch fallen lässt, auf die er vorher scheinbar großen Wert gelegt hat.
Meine Hoffnung war dann, dass mich der Autor am Ende nochmal überraschen könnte und dann die große Bombe platzen lässt. Aber der große Knall bleibt einfach aus und so hatte ich das Gefühl eher von einer Knallerbse.
Ich war wirklich zutiefst enttäuscht, denn wie oben erwähnt werden sehr genau beschriebene Dinge gar nicht mehr erläutert und man ist immer noch nicht sicher, was jetzt genau mit Evan ist.
Keine große Aufklärung und vor allem keine Überraschungen am Schluss. Das Ende ist wie die Geschichte, philosophisch angehaucht, aber ohne viel Bumms dahinter.

Mein Fazit: Die Idee ist wirklich interessant und auch der Anfang ist zwar schon sehr philosophisch, aber verspricht eine subtile Spannung. Doch leider verliert sich die Entführung im Hintergrund und zurück bleibt nur noch ein Familiendrama, das mich leider nicht wirklich fesseln konnte. Auch das Ende ist enttäuschend und konnte leider nichts mehr an der Geschichte retten.