Rezension

Mehr Kriminalroman als Thriller aber gut geschrieben

SOG - Yrsa Sigurdardóttir

SOG
von Yrsa Sigurdardottir

Bewertet mit 4 Sternen

Die unheimliche Botschaft aus der Vergangenheit

„Für Märtyrer hatte am Ende niemand Bewunderung übrig, höchstens nach ein paar hundert Jahren. Und selbst dann war diese Bewunderung zu teuer erkauft.“

Inhalt

Kommissar Huldar von der isländischen Polizei steht vor einem weiteren mysteriösen Fall seiner Karriere. Von einem Mann wurden erst die Hände, wenig später die abgetrennten Füße gefunden und vom Opfer fehlt noch jede Spur. In der Zwischenzeit ergeben sich aber weitere Tötungsdelikte, die allesamt zusammenzuhängen scheinen. Nachdem die Opfer eine kurze Warnung erhalten haben, werden sie wenige Tage später selbst grausam hingerichtet. Huldar stößt auf einen Zusammenhang zwischen den Morden, nachdem er einen Fall neu aufrollt, der schon Jahre zurückliegt. Damals hat ein Schüler die Todesfälle aus der Gegenwart angekündigt, indem er die Initialien der Opfer in einem Schulaufsatz verewigte. Ebenjener Schüler scheint nun, als Erwachsener in die Mordserie verwickelt zu sein, doch eine stichhaltige Verbindung lässt sich nicht herstellen. Erst als Huldar entdeckt, wer der Vater des jungen Mannes ist und wie dessen Vergangenheit aussah, scheint sich eine dramatische Verkettung der Umstände abzuzeichnen …

Meinung

Dieser isländische Thriller aus der Feder der bekannten Autorin Yrsa Sigurdardóttir ist mein erstes Buch von ihr und damit auch das erste dieser Reihe, wobei es sich bereits um den zweiten Band rund um den Ermittler Huldar und seine rechte Hand die Psychologin Freyja handelt. Gerade zu Beginn des Buches fehlte mir der persönliche Background und ich konnte das Zusammenspiel der Ermittler nur durch Erahnen erschließen. Deshalb empfehle ich an dieser Stelle die Chronologie einzuhalten. Ansonsten kann man den Fall aber auch sehr gut isoliert lesen, weil er in sich geschlossen ist und keine Fragen offenlässt.

Die Autorin webt ein feines Netz aus kausalen Zusammenhängen und unvorhersehbaren Wendungen, so dass der Spannungsfaktor sehr hoch ist und es von der ersten bis zur letzten Seite Freude macht, den Verlauf der Ermittlungen zu verfolgen. Sie legt dabei großen Wert auf die umfassende Charakterisierung ihrer Protagonisten und widmet sich auch der psychologischen Seite der Verbrechen und ihrer Wurzeln in der Vergangenheit. Dadurch kann der Leser schon bald erahnen, welches Motiv den Verbrechen zu Grunde liegt, auch wenn er noch überhaupt nicht abschätzen kann, welcher Täter in Frage kommt. In angenehmer Reihenfolge wechseln dabei die Passagen zwischen den polizeilichen Fortschritten und den tatsächlichen Bedrohungen des nächsten Opfers. Dieser Perspektivenwechsel wird hier kontinuierlich eingesetzt und ergibt damit ein rundes Gesamtbild, dem man anmerkt, wie viel Hintergrund sich zwischen der Tat und der Ursache eigentlich verbirgt.

Dieses Buch ist für mich dennoch eher ein Kriminalfall als ein Thriller, einmal abgesehen von den grausamen Tötungsmethoden liegt der Fokus doch sehr stark auf der Polizeiarbeit und weniger auf der Motivation und den Gedankengängen des Täters. Außerdem bekommt der menschliche Faktor zwischen den Mitarbeitern der Polizeibehörde einen für mich nicht ganz so interessanten Stellenwert. Zwischendurch unternimmt der Leser immer wieder Ausflüge in das schwierige Privatleben des Kommissars, der zwischen zwei Frauen schwankt und sich mit deren Eifersucht auseinandersetzen muss. Klare Sache, diese kleine aber andauernde Nebenhandlung hat mich ziemlich kalt gelassen, wobei vielleicht genau dieser Punkt die Reihe an sich rechtfertigt. Möglicherweise interessiert es den Leser, wie die Lovestory von Huldar/ Freya/ Erla weitergeht, für mich bringt das keinen Zusatznutzen.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen isländischen Thriller, der mit einer komplexen Handlung aufwartet und sich richtig gut lesen lässt. Ein gelungener Mix aus Ermittlungsfall, persönlichem Schicksal und dem Versagen der Justiz im gesellschaftlichem Rahmen. Den ersten Band „DNA“ möchte ich nun gerne nachträglich kennenlernen, weil mich sowohl der Schreibstil als auch der Fall sehr für sich einnehmen konnten. Eine Leseempfehlung spreche ich für alle Liebhaber von hintergründiger Spannungsliteratur aus, die nicht auf bloße Action und willkürliches Morden setzen, denn hier hat alles eine Bedeutung und einen Sinn.