Rezension

Mehr Seiten und mehr Tiefe wären besser gewesen

Die Stadt der Seher -

Die Stadt der Seher
von Christoph Hardebusch

Bewertet mit 3 Sternen

Gut gedacht, aber am Ende nicht gut genug gemacht.

“Die Stadt der Seher” ist ein Buch, dass mich zuerst mit dem Cover überzeugt hat. Der Klappentext klang dann auch noch ziemlich spannend. Nun im Nachhinein habe ich den Eindruck, dass er eher eine komplette Zusammenfassung des Buches darstellt. Und leider hat die Umsetzung des spannende Plots ein paar Schwächen.

Mit Marco treffen wir einen Protagonisten, der dem Leser schnell sympathisch wird. Er lebt auf der Straße und bekommt scheinbar die Chance seines Lebens, als der Orden der Seher ihn aufnimmt. Er lernt die intelligente Elena kennen und beide stolpern in einen Krieg, der ihre Heimatstadt Vastona bedroht. Doch vieles ist nicht so wie es scheint...

Ich kannte bisher kein Buch von Autor Christoph Hardebusch. Doch sein Schreibstil gefiel mir schon in den ersten Kapitel sehr gut. Das Buch ließ sich flüssig lesen und die Schauplätze werden detailreich beschrieben. Hier und da verliert sich Marco aber etwas zu sehr in seinen Betrachtungen und Gedanken, sodass es schonmal etwas langatmig wird.
Der Autor versucht sich der “Zeit”, in der seine Handlung spielt, anzupassen, indem er die Figuren etwas altertümlich sprechen lässt. Doch er verwendet auch immer wieder Begriffe aus der gehobenen Sprache, die sogar ich erstmal nachschlagen musste. Woher soll ein Straßenjunge wie Marco so eine Sprache gelernt haben?

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiv in der dritten Person erzählt. Zum einen verfolgen wir Marcos neuen Alltag; einige Kapitel begleiten Elena oder wir erfahren auch einiges von Seiten der Gegenspieler. Sie lassen sich alle recht gut unterscheiden.
Allerdings haben die Abschnitte im Feindeslager für mich bis zuletzt kaum Sinn für die Handlung gemacht. Wir folgen einem Charakter, der als Spion und Attentäter agiert und Aufträge für den “Hauptbösewicht” erfüllt. Diese führen ihn aber weg vom eigentlichen Geschehen, sodass wir nur die Eindrücke und Gedanken des Spions und einige belanglose Nebenschauplätze erleben. Hinzu kommt, dass sich die Figur am Ende ziemlich unlogisch verhält. Ich verstehe, was die Idee dahinter war. Aber die Umsetzung finde ich nicht optimal.

Der Autor nimmt sich viel Zeit um Marco aufzubauen und ihm gute Freunde an die Hand zu geben. Dies führt leider dazu, dass die Handlung lange Zeit nur seinen Alltag im Orden der Seher und an der Seite von Elena schildert. Die Bedrohung von außen ist zunächst kaum Thema. Und dann, im letzten Drittel des Buches, bricht auf einmal die Hölle los. Da kommt es zu einer großen Schlacht, mit wirklich unerwartetem Verlauf. Plötzlich taucht ein ganzes Elfenvolk auf, und Marco und Elena beweisen überraschende Fähigkeiten im Umgang mit Erfindungen, die eindeutig von Da Vinci geliehen sind.
Da wollte jemand am Ende des Tag einfach viel zu viel in seine Handlung packen. Vielleicht war ursprünglich ein Mehrteiler geplant, oder das Buch sollte eigentlich viel mehr Seiten bekommen. Beides wäre auf jeden Fall eine bessere Lösung gewesen, als das vorliegende Buch.

Fazit:
Christoph Hardebusch ist bestimmt ein guter Fantasy-Autor. Ich habe in diesem Buch viele Ideen gefunden, die mir sehr gut gefallen haben. Der Schreibstil ist gefällig und die Figuren gut ausgewählt. Aber leider bekommt die Handlung nicht den Raum, den sie dringend brauchen würde. Dadurch sind spannende Aspekte nicht gut genug ausgearbeitet. Andererseits verliert sich die Geschichte zum Teil in unnötigen Längen, liefert aber nicht die Tiefe, die ich mir gewünscht hätte. 
Ein kurzweiliges aber wenig überzeugendes Lesevergnügen.