Rezension

Mein Highlight 2013

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa - Benjamin Constable

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa
von Benjamin Constable

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Tomomi Ishikawa ist tot, sie hinterlässt ihrem guten Freund Benjamin Constable einen Abschiedsbrief, ihren Laptop und ein Abenteuer. Denn vor ihrem Selbstmord hat sie sich eine Schnitzeljagd für Ben ausgedacht. Diese bringt ihn auf die Spur ihres früheren Lebens in Paris und New York.

Meine Meinung:
Aus der Sicht von Ben macht sich der Leser auf den Weg auf eine spannende, interessante und wirklich skurrile Reise. Tomomi (auch Butterfly genannt) hat Ben so einige Briefe, Aufgaben und seltsame Informationen hinterlassen. Immer weiter dringt Ben in Butterflys früheres Leben ein und ich fragt sich mehr und mehr, ob er seine Freundin wirklich gekannt hat. Oder ob diese ganzen Informationen nur Tomomis Fantasie entspringen.
Ben ist während des ganzen Buches recht naiv, lässt sich beinahe wehrlos von den Briefen und Hinweisen leiten. Nur nach und nach hinterfragt verschiedene Aspekte, wird es ihm doch auch irgendwann einfach zu seltsam. Der Autor schafft es, dass Ben einem sofort sympathisch ist und man ihn nur zu gern begleitet. Ben ist kein Draufgänger. Und immer, wenn es ihm zu heikel wird oder er ängstlich wird, taucht Cat auf der Bildfläche auf. Seine imaginäre Katze, die kommt und geht wann sie will und neugierig alles erforscht.

Butterfly ist ein total interessanter Charakter. Sie ist depressiv, hat eigentlich eher eine lockere Bindung zu Ben und wollte schon das ein oder andere Mal sterben. Ihre Briefe sind voller Emotionen und total lebendig (Ja, ich vermisste sie zeitweise genauso sehr wie Ben. ;) ). Wie sie Paris und New York beschreibt ist poetisch und romantisch und passt manchmal gar nicht so zu ihrer Depression. Sie schildert versteckte Orte und zeigt Ben wunderschöne kleine Rückzugsmöglichkeiten aus dem Großstadtdschungel.

Ich habe lange nichts mehr so sprachlich ausgefeiltes gelesen. Dieses Buch hebt sich meiner Meinung nach von der Masse ab. Ich habe das Gefühl, der Autor hat wirklich jedes Wort ganz bewusst gesetzt, nichts wirkt hier fehl am Platz. Es lässt sich einfach nur wahnsinnig toll lesen. Ich habe mich wohl gefühlt an Bens Seite und war total gespannt darauf, was er noch alles entdecken wird.

Das Ende ist dann - genau wie das restliche Buch - skurril und überraschend. Eine Wendung mit der ich so nicht gerechnet hätte. Die (für mich) eigentlich grundlegenden Fragen bleiben weitestgehend offen. Durch geschicktes Verweben von Realität und Fiktion weiß ich einfach nicht, was ich jetzt glauben soll. Aber obwohl mich sowas bei 99% der Bücher nervt, wenn mir auf meine Fragen keine Antwort geliefert wird, ist es bei diesem Buch eine Bereicherung. So kann man gedanklich immernoch bei der Geschichte verweilen und es passt auch einfach auf Tomomis Charakter.

Fazit:

Mein Lesehighlight 2013. Ein wunderbar und nahezu poetisches Buch; eine Hommage an eine skurrile Freundschaft, an eine etwas andere Freundin. Spannend, interessant, emotional, detailverliebt, tragisch, witzig und immerwieder überrraschend. Dazu zwei tolle Charaktere, die nicht ein Klischee bedienen, sondern tatsächlich real existierend sein könnten. Bitte lesen!