Rezension

Mein Highlight des Jahres.

Ein wenig Leben - Hanya Yanagihara

Ein wenig Leben
von Hanya Yanagihara

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Meinung:

Durchschnittlich lese ich 3 Bücher simultan. Eines auf der Arbeit, eines Zuhause und eines im Fitnessstudio, wenn ich auf dem Laufband vor mich hinschlender. Wenn ich Glück habe, gefällt mir eines der Drei so gut, dass es übergreifend mein einziges Buch wird, bis ich es beendet habe. A little Life war so ein Buch.

Zugegeben "a Little Life" ist ein Brocken. Der Umfang hat selbst mich eingeschüchtert, dazu dann noch nominiert für alle erdenkliche Preise... ich war mehr als eingeschüchtert. Aber alles sprach mich an. Die Synopsis, die Gestaltung, ja selbst die Seitenzahl, wollte ich endlich mal wieder ein Buch lesen, dass mich länger beschäftigt als 2 Tage. Ohne große Vorworte wird der Leser in das Leben der Jungs rein geworfen. Jude und Willem haben es geschafft eine Wohnung in Manhattan anzumieten. Hier beginnt das Abenteuer. Nach der ersten Angst den Anschluss bei all den Namen zu verlieren, stellt Yanagihara die Protagonisten der Reihe nach vor. Einer nach dem anderen kriegt seinen Moment im Scheinwerferlicht, die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lesers. Mit kleinen Bemerkungen zur weiteren Entwicklung der jeweiligen Freundschaft, wird dem Leser außerdem Lust auf den nächsten Einblick gemacht.

 

Are you happy? he once asked Jude (they must have been drunk).

I don't think happiness is for me, Jude had said at last, as if Willem had been offering him a dish, he didn't want to eat. But it's for you, Willem.

 

Yanagihara baut nicht auf einen Höhepunkt auf, es gibt kein Ziel. (ausser vielleicht das Ultimative.) Dies könnte einige als Langweilig empfinden, wer sich aber der Sprache und den Figuren hingibt, wird es an nichts mangeln, was einen grandiosen Roman auszeichnet. Einige längere Handlungen betreffen Willem's Schauspielkarriere, JB's Drogensucht, und Jude, immer wieder Jude. Jude's Einsamkeit, seine Freundschaft zu Willem, das Abschließen mit seiner Vergangenheit. Allgemein über die Angst einer Generation nicht genug zu sein. Angst vorm Versagen und Selbsthass bilden ein wiederkehrendes Muster, dass das Buch zum Sprachrohr unserer Zeit werden lies.

 

Während einige der Figuren ziemlich durchschaubar sind, und man schnell Zugriff zu Ihnen hat, bleibt Jude lange ein Mysterium. Er bereitet dem Leser die meisten Schmerzen, indem er sein Schicksal so apathisch annimmt. Der Leser echauffiert sich an seiner Stelle, bringt einen dazu das Buch wütend in die Ecke zu pfeffern, nur um es daraufhin wieder in die Arme zu schließen, tief durchatmen, weiter gehts. Mehrmals ist mir ein lautes "OH, COME ONE" entwichen, es reicht, es reicht bereits nach einem Drittel des Buches. Doch Yanagihara puscht weiter, weiter als man es für Möglich hält. Und schafft es damit den Leser zu berühren, tiefer als man vielleicht möchte.

 

A little Life erweckt Gefühle in einem die zu den Leser zwingen wird sich an seine Außenwelt zu wenden. "Hast du das Buch gelesen? Können wir darüber reden?" Man sucht Hilfe, Verständnis, Zusammengehörigkeit um zu verdauen was man da vorgesetzt bekommen hat. Weil alleine, alleine hält man die schier endlosen Qualen kaum aus. Yanagihara versucht nicht nur herauszufinden wie viel eine fiktive Person aushalten kann, sondern auch wie viel der Leser erträgt. Und während man die letzten Seiten verschlingt, "Ernsthaft, schlimmer gehts doch nicht mehr?!", man zum gefühlt 100sten Mal seinen Facebook und Goodreads Status mit Gefühlsausbrüchen zum Buch geupdated hat ( soll ja jeder mitkriegen, dass man leidet ), stößt man ein letztes Mal an seine Grenzen und weiß, das dies ein einmaliges Buch war.

 

Ein Buch das einem lange, wenn nicht für immer, zu eigen wird. Ein Buch, das hält was der Titel verspricht: ein bisschen Leben.