Rezension

Mein Highlight, die Figuren ...

Was man von hier aus sehen kann - Mariana Leky

Was man von hier aus sehen kann
von Mariana Leky

Bewertet mit 3 Sternen

Selma lebt in einem schiefen Haus, in einem kleinen Dorf, im schönen Westerwald. Nur hat sie manchmal einen besonderen Traum, da begegnet ihr nämlich ein Okapi, und wenn das passiert, steht das ganze Dorf Kopf. Es ist so, wenn dieses Tier, ihr im Traum erscheint, kündigt es den Tod an. So sind die Bewohner alarmiert, einige versuchen es einfach als Aberglaube abzutun und andere wollen noch alles im Leben regeln. So überschlagen sich die Ereignisse und alle wollen nur die nächsten 24 Stunden überstehen, mit der Angst, wem wird es treffen. Wird es überhaupt jemanden treffen? Welche Angelegenheiten wollen sie regeln? Und was sagt Selma eigentlich dazu?

Momentan habe ich es ja mit Geschichten, die in kleinen Gemeinden spielen, aber dieses Mal gibt es kein Verbrechen, sondern ein Traum steht im Mittelpunkt, oder besser gesagt ein Okapi. Das zuletzt entdeckte Säugetier unserer Zeit und dann bekommt es so eine Rolle. Überhaupt war ich gespannt auf dieses Dorf und seine Bewohner und letztendlich auf dessen Aussage, den einen Täter werde ich wohl nicht finden.

Der Roman wird in drei Bereichen unterteilt erzählt, und zwar von Luise, der Enkelin von Selma. Im ersten Abschnitt, ist sie zehn Jahre alt, als ihre Oma wieder solch einen Traum hat und sie miterlebt, wie die Älteren darauf reagieren. Der Optiker bringt Liebesbriefe vorbei, Elsbeth wird um Rat gefragt, da diese, Rezepte gegen den Aberglauben praktiziert, Marlies verschanzt sich in ihrem Haus und ist schlechter gelaunt als sonst, nur Martin, ihr einziger Freund und Luise streifen durch die Gegend und beobachten das Chaos. 24 Stunden hält die Unruhe an und dann, ja dann, passiert nix. Oder doch? Denn diesmal schlägt der Traum mit Verspätung zu und diesmal wird es Luises Leben auf den Kopf stellen.

Wie oben schon gesagt, dreht es sich eigentlich um Luises Leben und sie hat es nicht einfach dieses auch Selbst zu gestalten. Es ist immer etwas eigenartig, wenn Kinder nur mit älteren Leuten zu tun haben, sie übernehmen den lebensstill, das altklug sein und vergessen dabei, selbst Erfahrungen zu sammeln. Bei Luise ist der Fall sogar noch spezieller, da ihr Vater seine Praxis hinschmeißt, um die Welt zubereisen, während die Mutter zurückbleibt und mit dem Gedanken spielt, ihn auch richtig zu verlassen. So ist eigentlich nur Selma ihr fester Dreh- und Angelpunkt und diese, hat ihr Dorf und ihr Haus noch nie verlassen. So ist auch Luises Kosmos extrem klein und beschränkt sich auf die kleine Gemeinde und sie versucht, jede Lücke auszufüllen, vergisst aber ihr eigenes Leben dabei. Bis sie eines Tages auf Frederik trifft, einen buddhistischen Mönch, der in Japan lebt. Wird diese Begegnung mehr in ihr auslösen als nur Interesse?

Ich muss gestehen, dass ich mich manchmal etwas schwer mit der Geschichte getan habe. Oft wollte ich, diese einfach nicht weiterlesen, obwohl ich die Figuren sehr mochte, aber die Geschichte kam für mich nicht so richtig in Fahrt. Ich meine, schauen wir uns doch die Figuren an, eine Oma, die wie Rudi Carrell aussieht, ein Optiker, der Stimmen hört und unglücklich verliebt ist, ein Vater, der mit Abwesenheit glänzt und einen Psychotherapeuten mit knarrender Lederjacke hat, dazu kommt noch ein alkoholabhängiger Jäger, der später nur noch die Bibel zitiert, ein Buddhist aus dem fernen Japan und ein Hund, der unsterblich ist. Tja, und das sind noch nicht mal alle, da kommen noch ein paar wilde Exemplare. Ein kauziger Haufen sozusagen, aus komplett verschiedenen Figuren und deshalb habe ich weiter gelesen, da ich jeden Einzelnen irgendwie mochte. Die Personen waren jeder auf seiner Weise lebensecht und sehr detailtreu geschildert. Sprich, man hatte sie alle vor Augen und sie waren die absoluten Highlights des Buches. Aber die Geschichte an sich wirkte oft langatmig, bisschen überzogen und spannungsarm. Und mit solch einem Schluss komme ich auch nicht gut klar.

Was man von hier aus sehen kann, ist eine melancholische Suche nach dem eigenen Lebenswunsch und welche Wege man dafür nehmen muss, um für andere sichtbar zu werden. Das Leben soll nicht einfach nur dahin plätschern, sondern man soll es leben. Eine wunderbare Aussage, auch wenn sie für meinen Geschmack, etwas zu träge erzählt wurde, aber vielleicht war ich auch nicht so in Stimmung dafür.