Rezension

Mein Lesehighlight 2013

Kleine Tierkunde Ostafrikas - Nicholas Drayson

Kleine Tierkunde Ostafrikas
von Nicholas Drayson

Bewertet mit 5 Sternen

Mister Malik ist - so auf den ersten Blick - kein außergewöhnlicher Mann. Er ist klein, dunkelhäutig, kahl und schüchtern. Obwohl schüchtern nicht der richtige Ausdruck ist. Er ist zurückhaltend, aber wenn er einmal spricht, hat alles, was er sagt, Hand und Fuß. Mister Malik ist Mitglied des Asadi Clubs, genauso wie Mister Patel, A.B. Gopez, Mister Tiger Singh oder auch Harry Khan, der seit vielen Jahren nicht mehr in Kenia lebt, jetzt aber zurückgekehrt ist, um ein riesiges Einkaufszentrum in Nairobi zu bauen.
Die Mitglieder des Asadi Clubs treffen sich regelmäßig. Um zu debattieren, Billard zu spielen, einfach nur gesellig zusammen zu sein oder auch - einmal im Jahr - auf Safari zu gehen. Diese Safari wird meistens von Mister Malik organisiert, so auch dieses Jahr. Natürlich ist sie - wenn man von dem kurzzeitigen Regen absieht - auch dieses Jahr wieder ein voller Erfolg.

Doch Mister Malik hat auch ein Geheimnis. Oder auch zwei oder drei. Nämlich dass er Dadukwa ist - der Mann, der regelmäßig jeden Mittwoch eine Kolumne veröffentlicht, in der sämtliche Regierungsmiseren angepriesen werden. Die Korruption der Politiker, die falschen Versprechungen, die Fehltritte, all das breitet er regelmäßig in der Evening News aus. Er erfährt all das von seinem Freund, den er regelmäßig bei den dienstäglichen Treffen der Vogelkundler trifft.
Und dann ist da noch Rose Mbikwa, in die er seit einigen Jahren verliebt ist. Sie war vier Jahre lang in Schottland, um ihren kranken Vater zu pflegen, der nach dem Tod der Mutter allein war. Sie kehrt nach Nairobi zurück - kehrt sie damit auch in Mister Maliks Leben zurück?

Er hat es auch ansonsten nicht einfach, unser Mister Malik. Das geht über den Innenminister, der nicht nur die Identität von Dadukwa herausfinden möchte, um ihn mundtot zu machen, über das Geheimnis eines mysteriösen Mordes, der fast siebzig Jahre vorher passierte, das Verschwinden des Clubmaskottchens (eines ausgestopften Löwens!) bis hin zur Hochzeit seiner Tochter, die in einer Tour abgesagt und doch wieder veranstaltet werden soll. Nein, einfach ist das alles nicht.

Dafür ist es in einem wunderbar amüsanten Unterton geschrieben, der durchaus ein bisschen was von Mark Twain und all diesen phantastischen alten Schriftstellern hat, die noch eine Geschichte erzählen konnten, ohne auch nur einen Hauch von Action oder 3 D zu verschwenden.
Drayson ist ein Erzähler, ein liebevoller Erzähler zudem. Er zeichnet seine Figuren mit kurzen, prägnanten Strichen, verleiht ihnen Leben und eine authentische Einzigartigkeit, die es unmöglich macht, das Buch zur Seite zu legen, ehe nicht das letzte Kapitel, die letzte Seite, der letzte Satz, das letzte Wort gelesen ... nein, inhaliert worden ist.

Was er schreibt, ist eine Liebeserklärung an Kenia und seine skurrilen Protagonisten. Der Mann weiß auch, worüber er schreibt. Ob es die Tierwelt ist oder das Leben in Nairobi - alles ist so, wie ich es auch auf meinen Reisen in Ostafrika kennengelernt habe. Es ist, was auch immer auf dem Klappentext steht, keine Liebesgeschichte, aber trotzdem ist die Liebe in jedem Wort zu finden. Einzigartig, fesselnd, berührend.

Eine klare Leseempfehlung.