Rezension

Mein lieber Zwerg, ist das toll!

Drúdir - Swantje Niemann

Drúdir
von Swantje Niemann

Bewertet mit 5 Sternen

Wer sich bei den üblichen Fantasy-/Steampunk Romanen unterfordert fühlt, ist bei Drúdir genau richtig. Sprachlich auf ganz hohem Niveau entspinnt sich eine spannende Geschichte, mit sehr vielen Protagonisten, Verstrickungen und Verzahnungen, einer Prise Politik und trockenem Humor.

Der komplexe Roman ist nicht nur toll erzählt, er hat auch Gehalt. Mord, Liebe, Freundschaft, dunkle Machenschaften, Magie und Mechanik, Technik, Tragik und Intrigen – alles drin.
Zuerst ist da der Mord an seinem Lehrmeister, den der Uhrmacherzwerg Drúdir aufklären muss. „Muss“, weil er gar nicht anders kann. Er hadert mit seinen absolut ungewöhnlichen magischen Fähigkeiten (die noch dazu in der „Union“ verboten sind), aber er braucht sie auch, um hinter den großen Zusammenhang zu kommen. Denn die Welt der Zwerge, Menschen und Elfen befindet sich gerade im politischen, gesellschaftlichen und industriellen Umbruch. Die Atmosphäre ist erhitzt und ein Funke könnte dazu führen, dass ein Krieg ausbricht.  
Drudir findet Mitstreiter, die allerdings auch eigene Interessen verfolgen, trifft auf Antagonisten, Handlanger und Gönner. Die Beschränkung auf wenige (Haupt-)Protagonisten, die sich in dieser Steampunk-Zwergen-Welt tummeln, ist nicht das Ding der Autorin. Aber sie hat alle Zwerge, Elfen, Menschen und „andere“ so gut in ihrem Charakter und Erscheinungsbild ausgearbeitet, dass man als Leser tatsächlich nicht den Faden verliert (wenn doch, dann findet man im Anhang eine Personenliste).
So gesehen ist allerdings „Drúdir“ als Roman-Titel unpassend, denn die Kapitel werden auch aus der Sicht von Findra, Svalris, Phandrael, Kyrai und anderen erzählt (was der Autorin auch einige erzählerische Kniffe erlaubt). Da hätte es als Titel sicherlich etwas gegeben, was mehr zieht.
„Dampf & Magie“ hingegen ist als Untertitel sehr passend, denn in dieser erschaffenen Welt stehen sich beide diametral gegenüber: die neuen Möglichkeiten der Technik, die jederzwerg in Anspruch nehmen kann vs. die missbilligten, althergebrachten Künste der Zauberei, die ein paar wenigen vorbehalten waren. Ganz nebenbei geht es auch noch um Künstliche Intelligenz, wofür Swantje Niemann eine verblüffend logische Erklärung liefert, um Schein und Sein und den Umgang mit der eigenen Vergangenheit.

Am liebsten scheinen der Autorin Sätze mit mindestens einem Nebensatz zu sein, der Stil bleibt aber durchgehend flüssig und gut zu lesen. Zudem scheint sie eine Freude daran zu haben, einen möglichst breitgefächerten Wortschatz zu gebrauchen. Das macht den Roman sprachlich äußerst abwechslungsreich und farbenfroh. Sie schildert mit Liebe zum Detail, im Ausdruck präzise und höchst poetisch das Drumrum und bei einigen Absätzen ging mir regelrecht das Herz auf.

Also wenn DAS ihr Debüt als Autorin ist, bin ich gespannt, was da noch so kommt. Denn die Autorin ist eine ganz große Erzählerin. Absolute Empfehlung!