Rezension

Meines Erachtens viel zu hoch gelobt

Unterleuten
von Juli Zeh

Bewertet mit 3 Sternen

Da ist das kleine Dorf Unterleuten in Brandenburg, die Wende hat bereits stattgefunden. Alteingesessene Bürger treffen auf Zugezogene und mit ihnen kommen die Probleme.
Wirft man nur einen flüchtigen Blick auf das Dorf Unterleuten, ist man sicherlich fasziniert von den Nachbargemeinden, den vielen teils wunderlichen Originalen, die den Ort prägen, der unberührten Natur mit ihren seltenen Vogelarten, den kleinen Häusern, die sich vorzugsweise Städter aus Berlin kaufen, um sich den Hauptstadthektik zu entfliehen. 
Als eine Investmentfirma jedoch die Gunst der Stunde ergreift, um einen Windpark in unmittelbarer Nähe der Ortschaft errichten zu wollen, brechen Streitigkeiten wieder auf, die lange unterdrückt werden konnten. 
Nicht nur der Gegensatz zwischen den neu zugezogenen Berlinaussteigern, die mit Selbstgerechtigkeit, Überheblichkeit und nahezu nicht vorhandenem Fingerspitzengefühl in alle erdenklichen Fettnäpfchen der Provinz treten, nein, da ist auch der nach wie vor der schwelende Konflikt zwischen denen, die die Wende erfolgreich für sich nutzen konnten und den Verlierern. Kein Wunder also, dass das Dorf schnell in Aufruhr gerät.
Bis dato habe ich Romane von Juli Zeh sehr gern gelesen und ich werde auch weiterhin verfolgen, was die Autorin zum besten gibt. Mit "Unterleuten" hat Juli Zeh es allerdings nicht geschafft, mich in ihren Bann zu ziehen. Nach knapp dreihundert Seiten wird mir die Geschichte, dann doch zu langatmig.
Sicherlich hat die Autorin sehr gute Recherche betrieben und eben diese in die Geschichte gut eingebracht, doch auch, wenn die ersten Seiten interessant zu lesen sind, so überwiegt das, was das Dorf im Grunde meines Erachtens ausmacht, die Langeweile, die Ödnis und die Tristesse. 
Meine Anerkennung gilt aber auf jeden Fall Juli Zeh, denn ich frage mich, wie sie es geschafft hat, die Geschichte der Unterleutner auf 640 Seiten niederzuschreiben. Meines Erachten wäre die Hälfte durchaus ausreichend gewesen.
 
Schade, dass der vielgepriesene neue Gesellschaftsroman nicht das bietet, was ich erwartet habe. Ob es nun an meiner vielleicht zu hohen Erwartungsgehaltung liegt ... ich weiß es nicht, aber auf den großen Wenderoman muss ich dann wohl doch noch ein bisschen warten.