Rezension

Ménage à trois mit Folgen

Das wilde Herz - Andrea De Carlo

Das wilde Herz
von Andrea De Carlo

Bewertet mit 3 Sternen

Der italienische Schriftsteller Andrea de Carlo ist ein Meister darin, die Beziehung zwischen Mann und Frau zu sezieren. In dem Roman „Sie und Er“ hat er das Thema bereits ziemlich auf die Spitze getrieben. Dass das Ganze noch steigerungsfähig ist, zeigt sein jüngstes Buch.

Es handelt von einem ungleichen Paar, das in Cambridge lebt und die Sommermonate in Ligurien verbringt – oder genauer gesagt von der Reparatur ihres Ferienhauses, nachdem Ehemann und Anthropologe Craig Nolan auf dem morschen Dach herumspaziert und abgestürzt ist. Sowohl der Unfall als auch der Wiederaufbau des Dachs ziehen sich wie ein roter Faden durch den Roman und entwickeln einen stark symbolischen Charakter.

Von Anfang an herrscht eine feindselige Atmosphäre: Craig leidet sowohl unter seinen Verletzungen als auch unter dem Baulärm und beobachtet äußerst misstrauisch die Handwerker – in seinen Augen allesamt unzuverlässige und inkompetente Halsabschneider. Seine Frau Mara, eine erfolgreiche Bildhauerin, fühlt sich nicht nur bei der Arbeit gestört, sondern gerät durch den Handwerker und Aussteiger Ivo Zanovelli emotional auch noch aus dem Gleichgewicht. Craig und Mara fragen sich, ob ihre Ehe bereits vor dem Unfall so schwer beschädigt und kaum zu retten war wie das baufällige Haus, das sie gemeinsam erworben haben.

Der Autor erzählt aus wechselnden Perspektiven, nimmt auch mal die Rolle des stillen Beobachters und Verhaltensforschers ein, entfaltet die Szenen auf der Baustelle wie ein absurdes Theater und beschreibt, wie sich die Machtverhältnisse zwischen den drei Figuren immer wieder verschieben. Obwohl mich das Thema interessiert, hätte ich damit rechnen müssen, dass mittlerweile gewisse Ermüdungserscheinungen auftreten. Zum einen wiederholt sich Andrea de Carlo in seinen Beziehungsanalysen und bringt keinen Erkenntnisgewinn mehr; zum anderen ist der Ton in diesem Roman fast durchgehend aggressiv und destruktiv. Ein bisschen Humor und Leichtigkeit hätten der Geschichte nicht geschadet.