Rezension

Meritokratie, Mikroaggressionen, Misogynie

Zusammenkunft -

Zusammenkunft
von Natasha Brown

„Ich bin, was wir immer für das Empire waren: purer Scheißprofit. Eine natürliche Rohstoffquelle zum Ausbeuten und Ausbeuten, Niedermachen und Ausbeuten.“

Die namenlose Protagonistin in Natasha Browns Roman „Zusammenkunft“ hat als Schwarze Frau ihr gesamtes Leben bis zur Verausgabung für den sozialen Ausstieg gekämpft und scheint auf den ersten Blick kurz vor dem Ziel zu sein: ein Führungsjob im Londoner Finanzsektor, ein Freund aus dem alten britischen Geldadel. Dabei sieht sie sich weiter konstant rassistisch und misogyn motivierten Aggressionen ausgesetzt; der ständigen Frage nach ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft und nach ihrer beruflichen Qualifikation. Lohnt sich ihr Kampf weiterhin oder legitimiert er letztendlich ein System, das sie anhaltend zum Objekt degradiert?

„Zusammenkunft“ ist kein Roman, der es den Leser*innen leicht macht. Die Passagen, die ich im übermüdeten Zustand gelesen habe, musste ich allesamt ein zweites Mal ausgeschlafen wiederholen. Die Erzählung ist stark fragmentiert, manche Zusammenhänge erschlossen sich mir nur nach konzentriertem Lesen und häufigem Zurückblättern. Der Stil ist größtenteils sehr poetisch (- so dass ich auf vielen Seiten das Bedürfnis hatte, ganze Absätze zu markieren), schweift aber gerade gegen Ende des Buches auch manchmal ins Essayistische über. Der nur 113 Seiten kurze Roman schafft es in diesem begrenzten Rahmen, eine Vielzahl von Themen von Identität, Rassismus, Misogynie bis zu den Mythen von Meritokratie und Dekolonisierung zu komprimieren. „Zusammenkunft“ ist kein Buch, das Spaß macht. Aber es ist ein wahnsinnig wichtiges Buch, das mich definitiv noch länger begleiten wird.