Rezension

Mexikos Schattenseiten

Der erste Tote -

Der erste Tote
von Tim MacGabhann

Bewertet mit 4 Sternen

Ich habe „Der erste Tote“ von Tim MacGabhann gelesen und musste das Buch erst mal setzen lassen, um meine Eindrücke zu verfassen, denn das Buch hat mich doch zwiegespalten zurückgelassen.
Da ist das Genre: Ich erwarte von einem Thriller durchaus eine durchgehende Spannung. Die gab es auch anfangs, das erste Drittel war wirklich spannend, doch diese Spannung ist dann deutlich abgeflacht. Liest man dann das Nachwort, so ist die Story, so wie sie geschrieben wurde durchaus verständlich.
Der Schreibstil des Autors hingegen ist einzigartig und für einen Thriller eher ungewöhnlich, aber er hat unheimlich gut zu Andrew und Carlos gepasst und der Autor hat sich dabei des vollen Spektrums bedient, das ihm zur Verfügung steht. Er schildert so manche brutale Vorgänge absolut schonungslos, sodass man beim Lesen eine Gänsehaut bekommt. Durch viele spanische Wörter verleiht der Autor dem Buch Authentizität, man spürt quasi einen Hauch Mexiko. Dabei hätte ich mir durchaus ein Glossar gewünscht, wo man all die spanischen Begriffe nachschlagen kann. Der Autor kann unheimlich gut die Emotionen wiedergeben und es gab einige Passagen, die so schön geschrieben waren, dass es einem ein Lächeln auf das Gesicht zauberte. Sie waren schon fast poetisch, was mir sehr gut gefallen hat, auch wenn es für einen Thriller eher unüblich ist.

Die beiden Journalisten Andrew und Carlos haben ihre Reportage eigentlich schon in der Tasche, als sie auf dem Heimweg zufällig die grausam verstümmelte Leiche eines Umweltaktivisten finden. Sie werden beim Fotografieren der Leiche von der Guardia Civil überrascht und sollen schnellstmöglich die Stadt verlassen. Carlos lässt der Fall keine Ruhe, doch die folgenden Ermittlungen enden für ihn tödlich. Damit Carlos Tod nicht umsonst war, recherchiert Andrew weiter.

Carlos lernt man nur kurz kennen, aber Andrew wurde authentisch gezeichnet. Anfangs macht er einen schüchternen und eher ängstlichen Eindruck auf mich, aber er wird nach dem Tod seines Partners immer mutiger und selbstsicherer. Seine Entwicklung konnte ich gut nachvollziehen. Und da Andrew einige Recherchen betreibt, kommt man als Leser nicht umhin, eine Vielzahl an Charakteren kennenzulernen. Man muss jetzt nicht aufpassen, dass man den Überblick verliert, aber alle Namen konnte ich mir dann doch nicht merken.

Das Buch zeigt dem Leser eine andere Seite von Mexiko. Nicht die schönen Strände, sondern den Kartellsumpf, den Kampf um Macht und Geld, Korruption, Ausbeutung und die ständige Angst der Menschen, die zwischen die Mühlen des Staates und den Kartellen geraten. Wem soll man trauen? Wer ist als nächstes dran? Tim MacGabhann schildert die Zustände sehr realitätsnah und er berichtet schonungslos über den Alltag, der sich so ganz anders darstellt, als den, den man von sich selber kennt.
Wer einen klassischen Thriller erwartet hat, der wird eher enttäuscht sein, denn der Autor hat eine in Mexiko beheimatete „conica“ geschrieben. Das ist eine Mischform aus einem Tatsachenbericht und einer fiktivien Geschichte – die Wahrheit ist irgendwo dazwischen.

Fazit:
Das Buch war ungewöhnlich, aber doch spannend und packend und unheimlich gut erzählt, auch wenn es zwischendurch so manche Länge gab. Zum Beispiel, als man die journalistische Recherche Andrews begleiteten durfte. Doch man bekommt einen authentischen Eindruck in das Leben in Mexiko.