Rezension

Millennium Band 4

Verschwörung
von David Lagercrantz Stieg Larsson

Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander sind wieder da! Wie lange dieser neue Band nach dem letzten spielt, ist mir nicht ganz klar geworden. Vieles ist wie früher: Die Enthüllungszeitschrift "Millennium" ist (wieder einmal) finanziell bedroht und es muss dringend ein aktueller Reißer her. Aber der Starjournalist Mikael scheint seinen Biss verloren zu haben. Erst nach mehreren Schubsern springt er auf eine story an: Der Wissenschaftler Frans Balder ist aus den USA zurückgekehrt; seine bahnbrechenden Forschungen zur künstlichen Intelligenz wurden ausspioniert. Dahinter steckt eine spannende Geschichte, und er möchte sie Blomkvist erzählen. Als er ihn mitten in der Nacht anruft, macht der sich auch gleich auf den Weg, doch als er eintrifft, ist der Professor gerade ermordet worden. Einziger Zeuge ist der achtjährige Sohn August, der jedoch Autist ist und nicht spricht. Was wollte Balder erzählen? Und wer hat ihn ermordet? Es dauert nicht lange, da wird Mikael klar, dass seine alte Bekannte Lisbeth auch in den Fall verwickelt ist. Und wo Lisbeth auftritt, ist die ganze Hackerszene nicht weit - und auch auf gewalttätige Auseinandersetzungen muss man sich gefasst machen...

Dieser thriller um künstliche Intelligenz, Industriespionage und internationale Verschwörungen ist aktuell. Er ist sauber konstruiert, es gibt Spannungsmomente und interessante Charaktere. Aber: Die Charaktere stammen von Stieg Larsson. Dieser starb nach Abschluss der Millenniums-Trilogie, hatte aber anscheinend eine zehnbändige Serie konzipiert. Ob David Lagercrantz den plot von Larsson übernommen oder selbst entworfen hat, ist mir nicht ganz klar geworden. Es hat mich allerdings gestört, dass sich die Figuren so verändert haben: Mikael ist lasch geworden und braucht schon einen starken Kick, bis er sich auf alte Höhen aufschwingt; Lisbeth dagegen mutiert zu einer wahren Comic-Heldin mit übermenschlichen Kräften. Was aus Monica geworden ist, erfährt man leider nicht. Harriet Vanger als Nebenfigur schwächelt gleichfalls. Einige Figuren werden neu eingeführt: Da ist die geheimnisvolle Kira, deren Identität ich mir sehr früh zusammengereimt habe; der Killer Jan, dessen Charakter mich berühren konnte, und vor allem der achtjährige August. Der hätte eine tragende Figur werden können, doch leider erfahren wir zwar einiges Theoretisches über Autismus, aber es gibt zu wenige Szenen, in denen er als handelnde Person auftaucht; zu oft ist er einfach Objekt. Die Charakterdarstellung hat mich alles in allem nicht ganz überzeugt. Auch die theoretischen Ausführungen über künstliche Intelligenz haben mich nicht fesseln können.

Alles in allem also ein Buch mit einigen Stärken wie Schwächen. Das Buch lebt vom Erbe der Millenniums-Trilogie, und damit polarisiert es seine Leser: Einige sind enttäuscht über die Änderungen, andere feiern das Wiedersehen mit den alten Charakteren. Ohne diese bliebe aber wohl nicht genügend übrig, damit man es im Gedächtnis behält. Offensichtlich ist eine Fortsetzung geplant, vielleicht sogar mehrere Bände. Man darf gespannt sein, ob sich Lagercrantz weiterentwickelt.