Rezension

Mir fehlte die emotionale Entwicklung der Liebesgeschichte, leider viel zu viele Sexszenen ...

Try - Versuch es - Ella Frank

Try - Versuch es
von Ella Frank

Bewertet mit 4 Sternen

Klappentext

Logan Mitchell ist ein erfolgreicher Anwalt, gutaussehend und liebt Sex. Dabei macht er keine Unterschiede, ob Mann oder Frau, das spielt für ihn keine Rolle. Er lebt frei nach dem Motto: Wenn es dich interessiert, warum solltest du nicht versuchen es zu bekommen. Und im Moment will Logan Tate Morrison.
Tate hat gerade vier Jahre Ehehölle hinter sich und er ist dabei, sein Leben neu zu sortieren. Er nimmt einen Job als Barkeeper in einer noblen Bar an und trifft dort auf Logan Mitchell, ein Stammgast und jemand, der offensichtlich daran gewöhnt ist, immer das zu bekommen was er will. Die Anziehungskraft zwischen ihnen ist groß und die Funken fliegen gewaltig, doch da gibt es einige vermeintlich unumschiffbare Hürden: Tate steht nicht auf Männer, und Logan steht nicht auf Beziehungen …

Meine Meinung

Puh, okay. Ich muss gestehen, ich hatte relativ große Erwartungen an „Try“, da ich schon so viel Gutes darüber gehört hatte. Ohne Frage gehört es auch zu den besseren Gay-Romance-Romanen, aber ich bin dennoch ein klein wenig enttäuscht.

Wir lesen abwechselnd aus der Sicht von Tate und Logan, wobei beide Sichten aus der dritten Person geschrieben sind – das habe ich ausnahmsweise mal als etwas ungünstig empfunden, da es sich ja bei beiden Charakteren um einen „er“ handelt. Aufgrund dessen war es manchmal nicht so gut abzuschätzen, ob jetzt der eine oder der andere grinste. Vielleicht wäre die Autorin hier mit der Ich-Perspektive besser beraten gewesen.

Nichtsdestotrotz hat es mir sehr gut gefallen, dass die Autorin immer wieder (sogar schon nach zwei Seiten) die Sicht gewechselt hat, sodass wir sogar dieselbe Szene immer wieder abwechselnd erleben konnten. Ich persönlich habe aber lieber aus Tates Sicht gelesen. Das lag daran, dass Tate eigentlich hetero ist und es so umso spannender war, wie Tate auf Logan reagiert als andersherum. Kein bisschen lag es daran, dass ich Tate lieber mochte, denn mit Tate und Logan haben wir zwei gleichgestellte und jeweils auf ihre Weise sympathische und interessante Persönlichkeiten, die ich beide sofort ins Herz geschlossen habe. Tatsächlich mochte ich vielleicht sogar Logan ein kleines bisschen mehr – aus den gleichen Gründen, aus denen Tate ihm verfällt: seine selbstbewusste, wortgewandte und hartnäckige Art ist einfach aufregend, weil man nie weiß, was er als nächstes tut oder sagt. Tate ist da etwas zurückhaltender – oder sagen wir: weniger vorlaut und schamlos, denn man kann ganz und gar nicht davon sprechen, dass er sich unsicher verhält. Beide begegnen sich auf Augenhöhe, mal ergreift der eine die Initiative, mal der andere. Die Wortgefechte und Streitereien, die dabei zwischen ihnen entstehen – auch weil Tate ziemlich stur sein kann –, haben ihre Geschichte besonders interessant und spannend gestaltet.

Neben diesen amüsanten Dialogen gibt es sehr viele Sexszenen. Diese sind ohne Frage ziemlich heiß geschrieben und man spürt das Knistern zwischen Logan und Tate, aber sie sind leider klar in der Überzahl. Szenen, die ihre „Beziehung“ und ihr Kennenlernen vorantreiben, geraten stark in den Hintergrund, sodass ich irgendwann ein bisschen die Lust verloren habe, als die beiden zum gefühlt zehnten Mal miteinander in die Kiste gehüpft sind, wo doch jede Szene auch ausgeschrieben wird. Wenn hier und da etwas gespult worden wäre, hätte ich es als nicht so dramatisch empfunden, aber leider liegt der Fokus klar auf der körperlichen Ebene der Beziehung. Das merkt man auch daran, dass sie nur oberflächliche Details über das Leben des jeweils anderen wissen. Ich hätte mir wirklich mehr Szenen gewünscht, in denen sich die beiden auch auf emotionaler Ebene näherkommen – klar gibt es die auch, aber diese tiefen Gefühle, die die beiden am Ende füreinander haben, sind bei mir nicht angekommen. Ganz im Gegensatz zu der sexuellen Anziehung, die wirklich durch jede Seite sickert.

Am Ende gibt es einen ganz fiesen Cliffhanger, der mich trotz dieses doch recht großen Kritikpunktes (denn wenn mich eine Liebesgeschichte nicht auch auf emotionaler Ebene catcht, hat das Buch eigentlich schon verloren und ich bin schnell genervt) auf den zweiten Band neugierig gemacht hat. Ich hoffe einfach, dass der Fokus im zweiten Band mehr auf der emotionalen Entwicklung ihrer Beziehung liegt, denn das Potential, um mich vom Hocker zu hauen, ist auf jeden Fall da.

Fazit

Man spürt das Knistern zwischen Logan und Tate, verliebt sich in die Protagonisten und kann sich hier und da an ein bisschen Eifersucht ergötzen. Leider drängen die Sexszenen alles andere in den Hintergrund, sodass es an einem gewissen Punkt egal ist, wie heiß diese geschrieben sind: irgendwann nervt es. Ich hoffe, das ist im zweiten Band anders, denn die Dialoge habe ich wirklich sehr genossen. Etwas mehr Emotionalität und ich würde für mich vielleicht ein neues Highlight finden, weil alles andere einfach stimmt. Von mir gibt es zuversichtliche 3,9999 Sterne.