Rezension

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Miserable Darstellung von Sexualität und psychischen Krankheiten

One of us is lying - Karen M. McManus

One of us is lying
von Karen M. McManus

“One Of Us Is Lying” von Karen M. McManus hat generell sehr gute Bewertungen. Tja, ich ziehe die wohl mit meiner ziemlich herunter. Die Darstellung von psychischen Krankheiten und Sexualität ist schrecklich in diesem Buch und sie werden als Plot Device verwendet, was widerwärtig ist. [TW: Alkoholmissbrauch, bipolare Störung, Depression, erzwungenes Coming Out, Homophobie, Slut Shaming, Suizid, Suizidversuch, toxische Beziehung]

Die vier Protagonist*innen verkörpern die typischen High School Klischees und das Buch macht auch keinen Hehl daraus. Bronwyn: das Superhirn auf dem Weg nach Yale. Addy: die perfekte Homecoming-Queen. Nate: der Bad Boy. Cooper: der Baseball-Star. Dann gibt es noch Simon, der eine App programmiert hat, auf der Gerüchte postet, die sich im Nachhinein immer als wahr herausgestellt haben. Sie waren zu fünft beim Nachsitzen, als Simon plötzlich zusammenbricht und kurz darauf im Krankenhaus stirbt, woraufhin die Polizei wegen Mordes ermittelt. Denn Simon wollte am Folgetag einen Post veröffentlicheen, der die Geheimnisse von Bronwyn, Addy, Nate und Cooper preisgibt.

Nach etwa einem Drittel des Buches habe ich mir schon gedacht, wie es aufgelöst wird, aber das finde ich nicht schlimm, weil ich die Hintergründe immer am spannendsten finde. Ich habe früher auch immer zuerst das erste Kapitel gelesen und dann das letzte.

Aber zunächst einmal das Positive: Es hat mich gefreut ein bisschen Diversität zu lesen. Bronwyn und Keely sind biracial, Yumikos Name impliziert einen japanischen Hintergrund, generell haben einige Nebencharaktere Namen, die einen asiatischen Hintergrund vermuten lassen oder sie werden mit einem dunklen Hautton beschrieben. Es wird früh klar, dass Addy in einer toxischen Beziehung ist und ich fand sie gut dargestellt und freute mich sehr über Addys Charakterentwicklung. Die gesamte Geschichte empfinde ich als schlüssige und auch der einfache Schreibstil trägt dazu bei, dass das Buch ziemlich schnell gelesen ist. 

Nach etwa einem Drittel des Buches habe ich mir schon gedacht, wie es aufgelöst wird, aber das finde ich nicht schlimm, weil ich die Hintergründe immer am spannendsten finde. Ich habe früher auch immer zuerst das erste Kapitel gelesen und dann das letzte.

Nun zu dem Negativen, wobei es immer schlimmer wird, je mehr ich schreibe. Das Buch wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, aber es ist immer der gleiche Erzählstil, sodass man überhaupt keinen Unterschied merken würde, wenn davor nicht der Name stehen würde. In einer Szene liest Bronwyn nebenbei “Ulysses” von James Joyce, während sie etwas auf Netflix schaut. Hat sich die Autorin das Buch mal angesehen? Das kann man nicht einfach nebenbei lesen! Ich muss es wissen, denn ich war so eine Streberin, die mit einem Freund und unserer Literatur-Lehrerin einen Lesekreis gründen wollten, um dieses Buch zu lesen, weil es so anspruchsvoll ist. (Hat nur leider aus Zeitgründen nicht geklappt, und ok das ist eine sehr unwichtige Kritik, aber trotzdem hat mich das gestört)

Alle Protagonist*innen sind schön, haben makellose Haut bzw. sind muskulös, nur das depressive Mädchen hat schlechte Haut… Außerdem waren alle Eltern irgendwie schrecklich? Lediglich Coopers Oma war cool! Als hätten alle ein gestörtes Eltern-Kind-Beziehung. Und nun zu den wirklich schlimmen Sachen: Das ganze Buch über findet Slut Shaming statt und bei einer Szene hätte ich das fast übersehen, weil es sich gerechtfertigt anfühlte. Ein Mädchen macht sich über die Homosexualität eines Charakters lustig und daraufhin wird ihre sexuelle Aktivität angeprangert und wie sie sich jedem an den Hals schmeißt. Hinzu kommt auch noch die Doppelmoral zwischen Jungen und Mädchen. Ein Mädchen wird gemobbt, als herauskam, dass sie einen ONS hatte, obwohl sie in einer Beziehung ist. Ein Junge, der eine monatelange Affäre hatte und diesbezüglich auch keine Reue zeigt… Darüber wird einfach hinweggesehen? Einige werden es wahrscheinlich als Spoiler sehen, aber eine sexuelle Orientierung ist kein Spoiler, deshalb: Natürlich musste die einzig queere Person eine Affäre haben. Urgh.

Homosexualität wird als Plottwist verwendet und dann gibt es noch ein erzwungenes Coming Out. Kommen wir zu den psychischen Krankheiten und wie schlecht sie repräsentiert werden. Depression wird als böse dargestellt und bipolare Störung bedeutet anscheinend, dass man eine miserable Mutter ist und sein Kind im Stich lässt. Es herrscht bereits genug Stigmatisierung und solche Darstellungen tragen dazu bei, dass solche Stigmata und Vorurteile aufrechterhalten werden. Dann wird ein Suizidversuch einfach so nebenbei erwähnt und es wird überhaupt nicht darauf eingegangen, wie die Person dann damit umging. Was mich aber am meisten störte und auch das wird für viele ein Spoiler sein: Suizid sollte nicht als Plot Device verwendet werden. Suizid als Racheakt sollte nicht dargestellt werden. Dadurch wird Suizid nicht nur auf makabre Art und Weise glorifiziert, was schlichtweg nicht richtig ist, es vermittelt auch wieder einmal, dass Menschen mit psychischen Krankheiten gefährlich für die Gesellschaft sind.