Rezension

Mit Carlos Herb auf Expedition in die exotische Pfalz mit ihren Eingeborenen und Ritualen.

Rebenopfer - Britta Habekost, Christian Habekost

Rebenopfer
von Britta Habekost Christian Habekost

Bewertet mit 5 Sternen

Carlos Herb sieht vor lauter Bäumen den Wald nicht, vor lauter Trauben den Wein nicht und vor lauter Fragen, die Antworten nicht die da sind

Rebenopfer – Ein Elwenfels-Krimi von Britta und Christian Habekost

Und ich wart auf der Suche. Wonach? Naaa, es muss doch zu finden sein, dieses Elwenfels. Es kann doch einfach nicht sein, dass solch ein Ort nicht existiert. Und so setzte ich mich vor eine Landkarte (jaja, ich weiß, heute sind sie elektronisch) schaute mir die Landkarte von Elwenfels im Buch an, und verglich sie mit ORTEN. Mit welchen? Ich wusste nur, dass ich irgendwo in der Pfalz an der Weinstraße beginnen muss. Nicht mal ein „Tritsch Tritsch“ hätte den Ort offenbart. Verzeihung?! Tritsch Tritsch?! Äh, andere Geschichte. Wobei ihr euch diesen Ruf natürlich merken solltet. Wofür, dürft ihr gerne selber herausfinden. Und so fand ich zwar auf keiner Landkarte Elwenfels. Dafür aber in diesem Buch. Und so eine kleine Auszeit und Reise durch die Seiten ist ja auch etwas Feines. Moment. Hier geht es doch um einen Krimi? Ja okay. DA erscheinen ja meist auch Verbrechen. Und irgendwie ist das ja dann auch nicht mehr ganz so idyllisch. Doch Owacht!  Vielleicht birgt Elwenfels ja doch ein wenig Harmonie und Idylle in sich. Und manche Orte, wollen vielleicht einfach nicht gefunden werden, und verstecken sich sehr gut. In einem Buch. Worum es im hier also geht, folgt nun. Denn wer zu viel fragt, und die falschen Fragen stellt, der sieht vor lauter Fragen die Antworten nicht, selbst wenn sie direkt vor einem sind.

Die Geschichte, die das Buch erzählt:

Wie ihr vielleicht schon ganz dezent mitbekommen hat, befinden wir uns in Elwenfels, ein Ort in der Pfalz. Und auch das Drumherum der Orte an der Weinstraße bekommt hier seinen Platz. Hierhin verirrt sich Carlos Herb, ein Privatermittler aus Hamburg, um einen Auftrag zu erledigen. Die Suche nach einem hanseatischen Messe Magnaten und Millionär, dessen Spur sich in der Pfalz verloren hat, und dessen Frau Carlos Auftragsgeberin ist. Und so ist Carlos Herb aus Hamburg auf der Suche nach Hans Strobel, nach was zum Trinken, einem Bier, dem Elwetritsch (Elwe was?!)…..und findet am Ende ein wenig zu sich selbst. Er legt ein bisschen die Fänge seiner Hamburger Nüchternheit ab, und lebt sich immer mehr in die Herzlichkeit der Menschen ein. Und erkennt dabei Dinge, wie, dass diese hochmoderne kalte Welt nicht immer das Wahre ist, und es im Leben auf mehr ankommt. Nämlich Zusammenhalt, Nostalgie, und auch ein wenig die Schönheiten der Natur in äh…. All ihren Formen. Ob der eigentliche Fall also gelöst wird, dürft ihr gerne selbst erkunden.

Cover:

Mir selbst gefällt das Cover richtig gut, denn es beschreibt die Landschaft der Pfalz, und saugt einen sofort so sehr ein, dass man seinen Rucksack packen möchte, um eine Pfalzreise zu unternehmen. Auch die Handschellen und die Flasche haben natürlich mit der Geschichte etwas zu tun.

Fazit und Gedankenallerlei (das kann jetzt etwas dauern :D):

Wie soll ich dieses Buch bloß beschreiben als das, was es ist? Krimi? Ja. Lokalanekdoten? Ja. Humor? Ganz großes Nicken. Die Pfalz auf die Schippe nehmen? Jein. Es ist ein liebevolles Herantasten. Zum Lachen, aber auch zum Mitfühlen, weil die Leute das Herz am rechten Fleck haben. Kann das Buch von allen Altersgruppen gelesen werden? Unbedingt! Auch ihr jungen Menschen solltet unbedingt mal einen Ausflug in die schöne Pfalz machen, besser gesagt nach Elwenfels, selbst wenn ihr da kurz mal kein Wlan habt. Heute lese ich also „Pfälzisch für Anfänger, Band 1“, also quasi Pälzisch fer Aafänger. Quatsch. Ich habe euch natürlich nur veräppelt. Heute lese ich die Elwenfels Reihe Band 1. Wobei. So weit hergeholt ist das mit dem Pälzisch-Grundkurs gar nicht. Unweigerlich lernt man nebenher den Dialekt. Ja, es scheint als ob das Buch das Tor ist, durch das man durch das Lesen schreitet, um in der Pfalz zu landen, und irgendwie auch Teilpfälzer zu werden. Unterschätze übrigens nie Menschen, die Dialekt sprechen, oder mach ihr Wissen nicht daran fest, wie viel Wein sie trinken. Denn in beidem kannst du dich irren. Und hinter der Fassade von einigen kann mehr Weisheit stecken, als in jedem hochintelligenten Großstadtmenschgelehrten.

Und wie die Geschichte spielt, so taucht man als Leser in das Buch ein. Und was anfangs oberflächlich war, ist so, als ob man mit dem Lesen immer mehr in einen tiefen dunklen Wald eintaucht, in dem man vor lauter Bäumen genau diesen nicht mehr sieht. Auch die Stimmung von verlassenen Wäldern ist zwischendurch da, und teilt mit uns die Empfindungen wie Stille, Ruhe, aber auch Geheimnisse und …. Vielleicht manchmal Furcht. Der Roman lässt mich auf eine Art nostalgisch zurück, die ich nicht mal beschreiben kann. Vermutlich die tiefe Sehnsucht nach Ruhe und Stille und dem Entkommen der Hektik, auf eine ganz altmodische Art, die nichts mit hippen und coolen Techniken zu tun hat. Wie erholend, diese Welt mal ausblenden zu können :). Eine Auszeit aus der Realität, und das obwohl man sich im Buch mitten in der Realität befindet. Ich habe mich zum Teil wie in eine andere Welt versetzt gefühlt, und das, obwohl die Handlung in der Nähe spielt. Und ja, nach der Lektüre muss man erst wieder in der Wirklichkeit ankommen, so merkwürdig es klingt. Doch das ist was Gutes. Denn Bücher die uns entführen, und das, obwohl es in keine Fantasywelt geht, die sind rar gesät und selten. Und es gibt manche Orte auf der Welt, die sind so magisch, dass sie trotz ihrem Dasein in der Realität glauben lassen, dass es auf der Welt wirklich Magie und Zauber gibt. Elwenfels ist einer davon. Und natürlich, ich glaube fest dran, dass es Elwenfels gibt, auch wenn ich es bis jetzt auf keiner Karte gefunden habe. Und am Ende kann man Elwenfels nicht vergleichen mit Orten in der Pfalz, weil es so scheint, als ob einfach der Geist aus allen Ortschaften, und von jeder ein bisschen was in ihm steckt. Ein Potpourri aus verschiedenen Pfalzortschaften, vereint in Elwenfels. Das ist übrigens so abgeschnitten, dass es sogar von den anderen Orten an der Weinstraße nur als „Das Kaff im Wald, wo ich noch nie war“ beschrieben wird, und irgendwie scheint dort die Zeit stehengeblieben.

Und ja, die Protagonisten erscheinen alle zeitlos jugendlich und herrliche unangepasst, gelassen, unbekümmert, und gemütlich, egal welches Alter sie haben. Sie sind einfach alle…äh…..cool :D. Ein Hauch von Schrulligkeit der guten Art umweht die Geschichte. Sie sind so real originell, einzigartig, herrlich frisch, strahlend, lebendig und liebenswürdig gezeichnet, dass man sie direkt in seinen Freundeskreis aufnehmen will, und mit dem Lesen auch irgendwie tut, und sie in sein Herz schließt. Sie leben ihre Eigenarten. Sie bleiben nicht blass, sondern sind bunt und farbig. Ein bunter Haufen Vögel. Und ja. Gewisse Vögel findet man im Buch auch. Da schafft es das Buch doch mitten in der Geschichte auch noch, geheimnisumwitternd zu werden. Und ein kleines Fabeltier, wird zur Realität. Oder nicht? Oder doch? Letztendlich, darf jeder das glauben, was er möchte. Aber bitte, natürlich laufen da draußen kleine Tiere durch Unterhölzer von Wäldern die Mischungen aus Tieren und Kobolden sind :). Die Eigenheiten und Besonderheiten der Charaktere, das Flair der Pfalz, und natürlich die Sprache, kommen so gut rüber, als ob man meinen würde, die Charaktere neben sich stehen zu haben. Und ja, vielleicht führt man ja unweigerlich auch mal ein Gespräch mit den Protagonisten, zur Freude, oder Nichtfreude der realen Menschen, die mit einem zusammenleben (Was soll dieses Tritsch Tritsch? Und hä? Weeschwieschmään? Keine Ahnung was du meinst).

Auch der Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl oder die Gastfreundschaft im Dorf sind spürbar, und somit ziemlich erstrebenswert, denn wer braucht nicht ab und an Menschen, die zusammenhalten? Es ist ein wenig wie ein Crash der Kulturen.  Der Hamburger, kommt in die Pfalz, wo die Menschen herzlich sind, auf einen zugehen, einen in ihre Mitte nehmen, und vielleicht auch ein wenig weinselig sind. Naja. Zumindest einige. Es ist Großstadtflair gegen pfälzisches Dorf. Aber dessen Charme ist es auch, wovon der Roman lebt. Denn dieser Charme mutet humorig an, und man findet sich oft vor dem Buch wieder, und lacht. Dabei ist es doch ein Krimi! Doch das eine, muss das andere ja nicht ausblenden. Und so schafft es das Buch kriminologische Elemente mit der pfälzischen Lebensart, und dem Humor der Menschen zu verbinden, und dazu noch leicht mystisch anzumuten. Die Anonymität der Großstadt, dass man sich zwar kennt, aber eben nicht „kennt“, nicht wirklich, nicht richtig, gegen Provinz. Und manchmal muss man erkennen, dass es gar nicht so schlecht ist, eher in der Provinz, als in der Großstadt zu leben. Denn hier verbirgt sich vielleicht die Essenz des Glückes. Ab und an erscheint dieses Elwenfels in einer fast mystische Atmosphäre, die das Dorf und die Wälder drumherum umgibt. Beinahe wie bei diesem kleinen gallischen Dorf, das sich als einziges gegen die römische Übermacht gestellt hat.

Die Situationskomik ist fast schon unschlagbar und einzigartig, und das nicht nur wegen der sprachlichen Barrieren, sondern auch wegen der so verschiedenen Temperamente der Menschen, die man alle ins Herz schließen will. Sogar Carlos Herb, den eingefleischten Hanseaten. Also, irgendwann dann mal im hinteren Teil des Buches :D. Dieser lässt uns teilhaben an seinen Gedanken über die Eingeborenen, das Beisammensein, die Weinfeste, die Schunkelei, diese komischen Trinksprüche, und diesen komischen Dialekt, von dem er sich fragt, ob das überhaupt noch eine Sprache ist?!. Die Wortwechsel und Gespräche nehmen gerne mal komödiantische Züge an, der unterschwellig ungewollt komödiantischen Art, aus der Situation heraus.

Hach, das Buch ist herrlich ironisch komisch. Carlos Herb, der sich wie ein Alien aus einer anderen Welt fühlt, das nun auf der Erde gelandet ist. (Oder einen Erdling, der auf einem anderen Planeten gelandet ist? ). Einer ziemlich merkwürdigen Erde, mit einer komischen Sprache, die er nicht versteht. Hier wird es geschafft, die Pfalz und Pfälzer überzogen darzustellen, aber auch echt und authentisch, und, dem ganzen einen liebevollen Touch hinzuzufügen, mit der Aussage, dass man so ist, wie man eben ist, und das jede Gegend ihre Originale hat. Auch Elwenfels. Deswegen wirkt das Ganze nicht lächerlich, sondern einfach nur charmant. Elwenfels ist mystisch magisch bezaubernd, und mit dem Eintreten in diesen Ort erscheint es einem fast so, als ob man in einer kleinen verzauberten Welt angekommen sei. Jaja, in diesem Buch bekommt man das Lokalkolorit mit voller Breitseite zu spüren. Das Buch nimmt sich selbst nicht so ernst, und ebenfalls die Bewohner der Pfalz. Aber auf eine gute Art. Sie kommen herzlich rüber. Wir haben die Gutmütigkeit, Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit der Menschen, ohne Distanz zu wahren. Sie sind geradeheraus, unkompliziert und direkt, gastfreundlich, nicht subtil, offen für Menschen, und agieren frei nach ihrem Gemüt. Wenn sie einem vertrauen.

Doch lasst euch nicht täuschen. Weder vom äußeren, als vom geschichtlichen Inhalt. Denn das Buch hat weit mehr zu bieten, als nur eine schön weinselige und idyllische Landschaft auf dem Cover, und einfach superlustige Unterhaltungen. Denn zwischendrin scheinen immer wieder die Sinneseindrücke durch, die fast schon poetisch die Landschaften und die Natur umschreiben, so dass man manchmal einfach gerne ins Buch springen würde, um genau dort zu sein, wo sich die Protagonisten gerade befinden. Nun, ich fürchte, das ist nicht möglich. Doch annähernd schon, wenn man ein anständig arbeitendes Kopfkino, und eine funktionierende Vorstellungskraft hat. Alles andere bietet uns das Buch dann. Natürlich ist noch hervorzuheben, dass die Pfälzer Landschaft im Roman wunderbar beschrieben ist. Wie könnte es auch anders sein? Immerhin ist die Landschaft ja auch wundervoll. Wir befinden uns also mitten in der Pfalz, und das nicht nur im Buch, sondern auch in unseren Köpfen. Und unter all dem Humor und der Lustigkeit spürt man dann auf einmal, dass beim näheren Anschauen so viel Weisheit, Ernsthaftigkeit und Tiefe im Buch liegt, über die Dinge im Leben, die wichtig sind und glücklich machen, und was es bedeutet zu „leben“. Denn einige tun das anscheinend, ohne es zu tun.

Und in einem Krimi passieren doch immer schlimme Verbrechen. Oder etwa nicht? Die Kunst aus einem Krimi als glücklicher Mensch herauszugehen, ist wohl eine, die hier geschafft wurde. Ein Roman, nicht nur der pfälzischen Lebenslust, sondern der jedermanns. Und man kann es kaum glauben, dass sich dies alles hinter dem Cover des Buches verbirgt. Ein Meisterwerk lokalkoloritrischer (eigene Wortkreation) Literatur :D. Ich mag Lokalkrimis, Aber dieser war nochmal etwas ganz Besonderes unter ihnen. Also. Nun dürft ihr euch zurücklehnen, die Zeit in Elwenfels genießen, das Leben Leben sein lassen, und ein wenig euer Dasein als Mensch in diesem Ort genießen. Dieses geheimnisumwobene Elwenfels, wo liegt es bloß? *weitersuch*. Im Wein liegt die Wahrheit, das ist schon wahr. Doch manchmal steckt noch so viel mehr darin, so wie Selbsterkenntnis, Glück, oder ein Neuanfang, manchmal in ganz anderer Form, als wir es uns vorstellen. Von Dubbegläsern, Weinfesten, Weinschorle, Grumbeere, komischen Vögeln und der Suche nach……. Einem Bier? Oder einem Menschen. Weeschwieschmään?! :) Also Owacht! Elwenfels schluckt die Menschen und Leser, so dass sie gar nicht mehr wegwollen. Oder wieder hin. Denn es wird weitere Bände geben, dies sei gesagt.

Und weil das Buch so fremdartig, weinselig, aber auch tiefgehend ist, hat mein Kopf beim diesmaligen Rezensionslied wohl verrückt gespielt. Und wie die Wandlung von Carlos im Buch, so hat sich auch das Lied gewandelt. Ein interaktives Buch für meine Gedanken. War da erst in meinem Kopf „Oh, I’m an alien, I’m a legal alien. I’m an…äh…Hamburg Man in the Pfalz…“ oder so, so bin ich mit dem Buch in der Nostalgiezeit weitergereist zum Schunkeln und bei „Schütt‘ die Sorgen in ein Gläschen Wein. Deinen Kummer tu auch mit hinein“ gelandet. Am Ende ist dann dieses im Kopf geblieben:

„Im letzten Sommer. Die Biere schmeckten schal. Beschloss ich einfach, ich lebe noch mal.
 Ich sah nach oben, tief in den Himmel rein. Mein zweites Leben, schien schon jetzt wahr zu sein.“