Rezension

Mit dem Toaster fängt es an...

Wie man einen Toaster überlistet - Cory Doctorow

Wie man einen Toaster überlistet
von Cory Doctorow

Bewertet mit 3.5 Sternen

Als Flüchtling kam sie nach Amerika, jetzt lebt Salima seit mittlerweile zehn Jahren im Land. In einem Auffanglager in Arizona angekommen und in einem Ladengeschäft in einem ehemaligen Einkaufszentrum vorerst untergebracht, lernte sie Nadifa und deren Kinder kennen. Nach einigen Jahren im Auffanglager freuen sich die beiden Frauen sehr, als jeder von ihnen eine Sozialwohnung in einem Apartmentgebäude zugeteilt wird – und die beiden sollen nur sechs Stockwerke auseinanderwohnen!

Die Wohnungen können sich die armen Immigranten nur deshalb leisten, weil ihre Wohnungen mit voreingebauten Geräten wie Toaster, Ofen, Geschirrspüler und Waschmaschinen subventioniert sind, die mit einer Erkennungs-Software ausgestattet sind und ausschließlich die Produkte der eigenen Marke erkennen. Firmen und Vermieter verdienen an der Alternativlosigkeit mit, da die Bewohner der Wohnungen keine günstigen Varianten verwenden können. Auch müssen sie bei der Benutzung der Aufzüge den Vollzahlern, welche auf der anderen Seite des Apartmentkomplexes wohnen, Abstriche machen, denn die Türen öffnen sich für die Armen nur, wenn auf der anderen Seite gerade kein Wohlhabender den Fahrstuhl benutzt. Sie müssen manchmal eine geschlagene Stunde warten, um in den 40. Stock zu kommen.
Die Freude über die bezahlbare Wohnung verebbt spätestens dann komplett, als die Herstellerfirma der eingebauten Toaster Konkurs anmeldet und kein Brot mehr akzeptiert – nicht mal das eigene. Kurze Zeit später reicht es Salima und sie erkundigt sich im Darknet nach Lösungen für das Problem. Tausende anderer Kunden sind ebenfalls erbost darüber, dass die Geräte ihnen den Dienst verwehren, und so wird Salima schnell fündig und macht sich an die Arbeit mit einem Jailbreak ihr Gerät gefügig zu machen. Sie genießt nun wieder Brot, sogar firmenfremdes, und stellt fest wie viel Geld sich dadurch einsparen lässt, dass man die Wahl hat. Ihrer Freundin Nadifa modifiziert sie ebenfalls den Toaster, was deren Sohn neugierig beobachtet, und gemeinsam beschließen sie auch den anderenNachbarn der 40. Stockwerke zu helfen, damit diese ihre Geräte wieder benutzen können. Dann jedoch erfährt Salima, dass das Toasterunternehmen reaktiviert wird und die Führung der Firma allen Hackern ihrer Geräte das Handwerk legen will. Salima stellt fest, dass sie ihre Mitmenschen in Gefahr gebracht hat, denn jeder würde seine Wohnung verlieren, wenn den Vermietern bekannt wird, dass die Geräte manipuliert wurden. Salima will ihren Fehler wieder in Ordnung bringen. Sie stößt bei den Nachbarn, die sich der Gefahr nicht wirklich bewusst sind, auf Unverständnis, denn diese wollen die neu gewonnene Freiheit natürlich nicht aufgeben.

Cory Doctorow hat einen interessanten Einblick in ein mögliches Zukunftsszenario gegeben, in der der Kauf eines technischen Geräts einer Heirat gleich kommt und man prüfen muss, bevor man sich ewig bindet.
Die Kürze dieser Novelle erlaubt keinen großen Detailreichtum; die Vorgehensweise z.B. bei den Hacks ist sehr vereinfacht dargestellt. Aber auch ohne reichlich Technobabble wird die Richtung, die Doctorow aufzeigen will, klar. Wer tiefgehendes Technikwissen erwartet, sollte dieses Buch nicht lesen – wer hingegen kurzzeitig von einer Aussicht in eine mögliche Zukunft unterhalten werden möchte, der sollte sich der Geschichte hingeben.
Ich hab mich jedenfalls gut unterhalten gefühlt!

Kommentare

Emswashed kommentierte am 26. April 2019 um 21:28

Huch, das ging aber schnell... und Du warst etwas milder mit Deinem Urteil, aber grundsätzlich kann man wohl von guter Unterhaltung sprechen. Doctorow spricht eine Menge Zukunftsszenarien an, geht aber dabei nicht besonders in die Tiefe. Nach der euphorischen Besprechung bei Heyne hatte ich einfach mehr erwartet.

Paperboat kommentierte am 26. April 2019 um 23:23

Die Dicke des Buches respektive die Seitenanzahl ließ bereits erahnen, dass man nicht allzu sehr in die Tiefe gehen konnte, wobei ich finde, dass es der Geschichte auch keinen Abbruch tut, denn die Problematik, ohne sie detaillierter auszuarbeiten, wurde auch so klar. Ich gebe zu, man hätte auf mehr Seiten auch mehr draus machen können, aber für die Kürze einer Novelle war es mir Fülle genug. :o)