Rezension

Mit Honigwein!

Die Hexe von Crumbach - Stefanie Bender

Die Hexe von Crumbach
von Stefanie Bender

Bewertet mit 3 Sternen

„Höre nicht immer auf das, was gesagt wird.“

Wie ich zu „Dastan - Rebellion der Engel“ schrieb, wollte ich Stefanie Bender ein wenig im Auge behalten. Und daran habe ich mich halten können. Dank O’Connell Press durfte ich zwei Novellen lesen, die zusammen gehören. Hm, so wie dieses Wort: zusammengehören. Diesmal gibt es keine Schutzengel, aber wir sind wieder in Deutschland unterwegs. Genauer gesagt im Odenwald. Verdammt, mir ploppt natürlich direkt das dazu gehörige Lied dazu im Kopf auf: „Der Bauer aus dem Odenwald, der hat ne schöne Frau …“ (Die Streuner) Hat jetzt gar nichts mit der Rezi hier zu tun, aber wenn ich einen Ohrwurm habe, teile ich den doch liebend gern!

Wer schreibt schon über Deutschland? Und dann auch noch im Jahr 15hundert-schlag-mich-tot?! Na diese Autorin und das macht sich auch richtig schön. Unser Land ist nämlich ein echt hübsches Land, welches wirklich viele potentielle Schauplätze für das Ambiente bietet. Sollte und darf ruhig genutzt werden.
Das Gefühl der Nähe zum Protagonisten wird hier nicht durch eine Ich-Perspektive geschaffen, sondern mehr durch einen schleierhaften imaginären Geschwisterpunkt aus: „Mutter und Klara ruhten zusammengekuschelt, während Vater sich mit einem Becher Wein in den hinteren Wohnraum an den Holztisch zurückgezogen hatte.“(S.54) Das erschafft einen sehr angenehmen Leseeindruck.
 

„Rennen soll sie, so schnell sie kann (...)“

Wir starten dann auch gleich mal mit dem im Klappentext angekündigten toten Mädchen. Es treibt im Fluß und wird vom Protagonisten Jonathan gefunden. Das merkwürdige an der Toten sind ihre Augen. Denn diese haben schwarze Flecken, egal in welcher Epoche man sich befindet, das ist auf jeden Fall merkwürdig und gruselig genug um ein ganzes Dorf in Aufregung zu versetzen. Dieses Todesmal geht dann auch noch um unter den Kindern und in den darauffolgenden Tagen sterben noch mehr. Höchste Zeit etwas zu unternehmen. Aber was, in einer Welt in der der Otto-Normal-Dorfbewohner über keine nennenswerten Fähigkeiten verfügt? Erst einmal also den Pfaffen verständigen. Schnell entblättert sich jedoch der ganze Krimi, jemand hat diese armen Kinderseelen auf dem Gewissen und der Verdacht fällt auf so einige Ansässige.

Die erste Geschichte jedoch entblößt einen Schrecken ganz anderer Art. Genefe ist zurück gekehrt, jenes Weib welches vor Jahren der Hexerei beschuldigt wurde und davon gejagt. Jetzt sind Hexen aber von Natur aus ziemlich garstige Miststücke und lassen so was nicht einfach auf sich sitzen. Sie sind verwandt mit den Hausdrachen, nur mal so by the way. Jonathan und die Hexe geraten nun in den Fokus, doch wirklich bereinigt wird ihre Verbindung nicht. Denn auch bei dem Jungen zeigen sich die Male und er schwebt in Gefahr.
 

„Diese Jagd war ein Fehler.“

Den zweiten Teil hingegen erleben wir in einer anderen Ortschaft, Hoegst, ein gutes Wegstück entfernt von Crumbach. Jonathan ist groß geworden. Rein rechnerisch ist er nun 11 Jahre älter, im Text selbst jedoch, meine ich gesehen zu haben, dass er selbst es nur als 5 Jahre wahrnimmt. Vielleicht ein kleiner Fehler, womöglich aber auch ein Zeichen dafür, dass ihm das gar nicht so lang vorkam*. Jonathan hielt es in seiner Heimat nicht mehr aus, nach diesem Vorfall mit Genefe. Weit ist er jedoch nun wirklich nicht gekommen und deshalb auch noch lange nicht aus dem Wirkungsbereich heraus. Und deswegen pflanzt sein Vater ihm seine Frau und Tochter in die Junggesellenbude um im Dorf den seltsamen Vorkommnissen nachzugehen, während er seine Familie in Sicherheit weiß.

Blöd an der Sache ist nur, dass die sorgsam platzierten blutigen Tierkadaver nicht nur vor der eigenen Haustüre zu finden sind. Und deswegen folgt die Gefahr anscheinend wieder einmal Jonathan. Der kann einem aber auch nur Leid tun, der ist nämlich ein wahres Unschuldslamm, im Gegensatz zu seinem eigenen Vater, seiner frechen Schwester, seinem besten Freund Thomas oder dem irgendwie leicht wirkenden Mädchen Eva für das er so schwärmt. Ob das dann die besten Voraussetzungen dafür sind zu Dritt in den dunklen Wald zu gehen um auf gut Glück Spuren zu suchen, wage ich zu bezweifeln.
 

Fazit:

Heißer Met zum Frühstück! Ein Hoch auf das Mittelalter! Es gibt gute Gründe wieso ich NICHT in diese Zeit gepasst hätte, aber es gibt auch verdammt süße Gründe wieso ich es doch tun würde!
Aber was war das hier nun? Zwei so kleine Geschichten die es kaum wert sind ein eigenes Buch zu bilden. Warum sind sie dennoch zusammengefasst und veröffentlicht? Ich hoffe doch nicht, dass es damit beendet ist. Wie sich das liest? Wie, hm, die Hintergrundgeschichte eines potentiellen Helden oder gar Antihelden eines womöglich verdammt guten Romans. Eine Charakterisierung, die Überlegung: Wieso ist Jona so geworden wie er denn in einem richtigen Roman sein wird? Welche Verbindungen zur Vergangenheit hat er noch? Welche Freund- und Feindschaften könnte man wieder aufleben lassen? Fast wie ein Prequel.

Es sind und bleiben leider nur zwei Novellen, genau wie angepriesen. Für das Gefühl des, wenn auch durchaus gelungenen, Prologs gibt es von mir aber eine recht niedrige Note. Ich muss ganz klar sagen, dass das vor allem daran liegt, weil es sich unfertig anfühlt, als ob da noch mehr wäre, Jonas Reise noch weiter geht. Wie dem auch sei. Ich würde Jona gern wiedersehen, als vollständig ausgereiften Charakter in einer ebenso ausgereiften Rahmenbedingung.

Ein Urteil am Wasserfall

*Ich wurde bereits darauf hin gewiesen, dass es sich hierbei wohl nicht um einen Fehler handelt.*smile*