Rezension

Mit Sicherheit nicht der beste Lehane...

Der Abgrund in dir
von Dennis Lehane

Bewertet mit 3 Sternen

Dennis Lehane gehört zu meinen absoluten Favoriten wenn es um Thriller und intensive Charakterstudien geht. Mit Meisterwerken wie "Shutter Island" und "Mystic River" schrieb er sich auf Anhieb in mein Herz, weshalb sein neuestes Werk natürlich Pflichtlektüre war. 
Warum er mich dieses Mal allerdings zum ersten Mal kalt ließ, versuche ich in einigen Zeilen darzulegen. 

Worum geht es überhaupt? 

Rachel ist eine angesehene Journalistin, bis sie während einer Reportage auf Haiti einen Zusammenbruch vor der Kamera erleidet und sich von ihrem alten Leben verabschieden muss. Die einst so willensstarke und toughe Frau fällt in ein tiefes Loch, aus dem sie scheinbar nur ihr Ehemann Brian wieder holen kann... 

Zuerst einmal zu den positiven Aspekten dieser Geschichte. Die sind sicherlich, und das war tatsächlich nicht anders zu erwarten, die Charaktere. Lehane erschafft ein vielschichtiges Portrait von Menschen und ihren titelgebenden Abgründen. Wenn er uns erzählt, wie Rachel kaum noch das Haus verlassen kann, da der schiere Gedanke an Menschen sie in Panik versetzt, dann ist das absolut glaubwürdig. Und natürlich ist Rachel nicht nur ihre Erkrankung, sie ist so viel mehr. Tochter einer manipulativen Mutter und eines Vaters, den sie nie kennenlernen durfte, (vor Brian) Ehefrau eines absolut uninteressanten und langweiligen Ehemanns und sehr enthusiastisch und geradlinig, wenn es um ihre Karriere geht. All diese Faktoren haben den Charakter geformt, den der Autor uns präsentiert. Bei ihrem zweiten Ehemann Brian kommen auch einige Facetten zusammen, die uns allerdings nicht auf dem Präsentierteller serviert werden. 

Nun aber zu den Punkten, die mir nicht gefallen konnten. 
Leider vermochte für mich absolut keine Spannung aufzukommen und einige Nebenhandlungen wirkten für das Gesamtwerk einfach unwichtig. So zog sich die Geschichte wie Kaugummi in die Länge. 
Um ehrlich zu sein habe ich die ganze Zeit auf einen Plot Twist gewartet, der uns die Geschichte präsentiert, die der Autor WIRKLICH erzählen wollte, aber der kam nie. Und so blieb es bei einem Drama, das gegen Ende noch versucht hat Spannung aufzubauen und allem einen Dreh zu verpassen, der mich persönlich aber absolut kalt ließ. Das was mir hier komplett gefehlt hat, war die Lehansche Raffinesse. Von der konnte ich kaum etwas spüren. 

Und so bleibt "Der Abgrund in dir" mit Sicherheit für mich ein eher schwacher Lehane, was aber allgemein gesehen immer noch ein solider Roman ist.