Mit tollen Widerhaken
Die junge Theaterautorin Edda kehrt mit ihrem Malerfreund Hans aus Leipzig in ihr Heimatdorf Odinsgrund zurück, weil der dreißigste Hochzeitstag der Eltern ansteht. Hier in der Provinz lauert in jeder Liebesbeziehung auch das Drama, erwartet jeden das bekannte Drumherum des (mittlerweile in Mode gekommenen) Dorfromans, hier gibt es aber auch übertrieben Merkwürdiges und Märchenhaftes.
Das Drohend-Düstere der angedeuteten Familiengeheimnisse ist noch einigermaßen glaubwürdig, ebenso der eine oder andere schrullige Dorfbewohner. Aber die Verweise auf die nordische Mythologie und die Märchenwelt sind Brücken, die nichts zu überbrücken scheinen. Sie wirken merkwürdig bemüht, willkürlich und wie die Ergebnisse einer krampfhaften Suche nach Originalität.
Beispiele gefällig? Da gibt es – wohlbemerkt weitgehend erklärungslos – Auftritte missgebildeter, lichtempfindlicher Nachbarskinder, die nur nachts das Haus verlassen. Weil die Heldin als Dramaturgin arbeitet, ergänzen Theaterdialoge die Handlung des Buches, ohne dass einem so richtig klar wird, wozu man derlei braucht. Oder die „Tatsache“, dass es eine Postkutsche gibt, die von vier Hirschen gezogen wird, oder einen Onkel, der nicht nur „Magic“ heißt, sondern offenbar auch ein wenig zaubern kann.
Oder auch die namengebende Blitzbirke, die zu Eddas Geburt gepflanzt wurde, schnell zur Terrasse des Kinderzimmers heranwächst, selbst einen Blitzeinschlag übersteht, dann aber wegen der nervenden Nähe zum Wohnhaus und dem „Pollendreck“ kurzerhand umgesägt wird, als die Tochter das Elternhaus verlässt.
Die bemüht eigenwillige Sprache und die mäandernde Handlung, die vieles offenlässt, verlangt dem Leser Phantasie und Einfallsreichtum für die entstehenden Lücken ab. Das Erstaunliche ist, wie gut dieses eigenwillige Konzept funktioniert, wenn der Leser bereit ist, sich darauf einzulassen. Die Spannung wächst und wächst, bis zum Höhepunkt, wenn die Frage beantwortet wird, ob die Kraft der Liebe fabelhaft oder noch nur ein Märchen ist.