Rezension

Mitreißende Regency Romance mit einer Vielzahl queerer Charaktere

Sonnenkönig, Pechrabe -

Sonnenkönig, Pechrabe
von Kai Spellmeier

Bewertet mit 5 Sternen

Zurecht wird dieser Roman mit Bridgerton verglichen, denn er ist ebenso kurzweilig.

Die erste Begegnung von Edward Arden und Lord Frederick Melville steht unter keinem guten Stern, ebenso wenig die folgenden. Dennoch ist da eine Anziehung, die dazu führt, dass die Beiden immer wieder aneinanderstoßen. Gleichzeitig verkomplizieren neben sozialen Differenzen und persönlicher Lasten Juwelenraube und eine versehentliche so-gut-wie-Verlobung die Lage.

Dem Autor gelingt es, eine wundervoll bildliche Atmosphäre zu schaffen, das historische Setting ist gut recherchiert, besonders die queere Community der Zeit, die so oft vergessen wird, kommt hier hervorragend zur Geltung. Denn damals wie heute fanden queere Personen einander, waren keine Einzelgänger sondern bildeten eine found family. Das scheint mir ein geeigneter Übergang zu den Charakteren zu sein:

Die Charaktere zeichnen sich durch ein hohes Maß an Individualität und Vielschichtigkeit aus, sie agieren und reagieren authentisch. Hier ist es bemerkenswert, wie viel Charakter und Erinnerungswürdigkeit selbst jene Nebencharakter haben, die so gut wie gar nicht in Erscheinung treten. Selten habe ich erlebt, dass sich solche Figuren in einem Roman so lebendig anfühlen, es scheint wirklich so, als ob sie abseits von dem, was wir Leser zu sehen bekommen, ein Eigenleben führen. Zweifelsohne sind die Charaktere mit all ihren persönlichen Stärken und Schwächen das Herz des Romans.

Aber auch die Handlung kommt nicht zu knapp, ohne die Schattenseiten der Zeit zu beschönigen werden Erfolge und Fehlschläge mit einer Romanze verwoben, die ihrerseits Auf und Abs erlebt ohne dabei kitschig zu wirken. Lediglich gegen Ende hatte ich den Eindruck, dass ein mehrere der Handlungsstränge um Nebenfiguren in der Luft hängen blieben (bspw. um Miss Ailesbury, die Forderungen von Freddys Vater, zudem werden die Juwelenraube gelöst, doch was für Konsequenzen dies für die Täter hat, bleibt offen. Generell war Diebstahl schließlich eines jener Vergehen, für das man gehängt/deportiert wurde…). Allerdings weiß ich nicht, ob eine Fortsetzung geplant ist/in Aussicht steht, das Ende ist allerdings so gehalten, dass es einen befriedigenden Abschluss bildet.

Alles in allem möchte ich diesen Roman allen empfehlen, die sich für einen Ausflug in die Demi-monde des Londons der 1810er interessieren.