Rezension

Mitreißende und dramatische Geschichte über eine verbotene Liebe

An den Ufern des Bosporus
von Theresa Révay

Inhalt:

Wir schreiben das Jahr 1918.
 Istanbul ist nach dem 1. Weltkrieg von den Siegermächten besetzt und die orientalische Welt befindet sich im Umbruch. Mittendrin Leyla, die Frau von Selim, dem Sekretär des Sultans. In ihrem Haus wird noch viel Wert auf Traditionen gesetzt, doch Leyla ist innerlich zerrissen. Einerseits schätzt sie dieses, andererseits ist sie eine Frau mit einem starken Willen, die sich aus der Rolle der typischen türkischen Frau befreien will.
Als sie dann dem deutschen Archäologen Hans begegnet ändert sich alles im Leben der jungen Frau. Leyla fühlt sich stark hingezogen zu Hans, doch weiß sie auch, dass dies nicht sein darf und es in ihrer Situation keinen Ausweg gibt. Doch Leyla und Hans können sich nicht ewig gegen ihre Gefühle wehren...

Persönliche Meinung:

Wenn ihr eine magische, bezaubernde und gleichzeitig sehr bewegende Geschichte lesen möchtet, dann müsst ihr zu diesem Buch greifen. Auf über 460 Seiten bekommen wir hier die geballte Ladung Liebe und Tragik gepaart mit vielen geschichtlichen Fakten, die nicht weniger tragisch sind.

Wir begeben uns hier nach Istanbul in das Jahr 1918. Der 1. Weltkrieg ist vorbei und das Land ist besetzt von den Siegermächten Frankreich, England, Russland und Italien. Für die Türken beginnt ein völlig neues Leben. Nicht nur die Niederlage im Krieg macht zu schaffen, denn auch der westliche Lebensstil hält immer weiter Einzug in das Land und rüttelt das Leben der Menschen durcheinander.

Unsere Protagonistin Leyla lebt mit ihrem Mann Selim, den Kindern Perihan und Ahmet, der Schwiegermutter und anderen Familienmitgliedern sowie einigen Angestellten in Istanbul. Die Familie hat Dank Selims Stellung mehr Geld und kommt daher mit der Situation besser klar als manch andere Familien.

Leyla ist eine starke Frau. Sie ist nicht so lieb und unterwürfig, wie es damals noch gern gesehen wurde bei den Frauen. Doch ihr Mann schätzt diese Eigenschaft an ihr sehr und so führen die beiden eine recht freundschaftliche Ehe.

Als allerdings der französische Kommandant Louis Gardelle bei der türkischen Familie einzieht, ändert sich das Leben sehr stark. Obwohl Louis ein netter und höflicher Mensch ist, fühlt sich Leyla nicht mehr ganz wohl in ihrem Heim. Als dann noch ihr Bruder Orhan zu Besuch kommt, der sich gern in Schwierigkeiten bringt, wird alles noch riskanter. Denn Orhan gehört einer Gruppe an, die gegen die Siegermächte angeht und die Freiheit für seine Heimat erkämpfen will. So lernt Leyla auch den deutschen Hans kennen, der seit Kindertagen Anatolien als seine Heimat ansieht. 

Leyla und Hans bemerken starke Gefühle zueinander und vor allem Leyla ist mit der Situation überfordert. Denn sie muss bei ihrem Mann und ihren Kindern bleiben. Auch eine Scheidung war damals unter Muslimen nicht gern gesehen und auch nicht einfach, wenn der Mann nicht einverstanden war.

Leyla hat mich von Anfang an sehr begeistern können. Sie ist eine tolle Frau und ich habe sie stets bewundert für ihre Stärke. Sie kämpft immer und immer wieder und trotz vieler Schicksalsschläge im Laufe der Geschichte hält sie den Kopf oben und gibt nicht auf.

Doch auch ihren Mann Selim mochte ich. Er hat Leyla im Grunde sehr viele Freiheiten gegeben und ich denke sie hätte es schlechter treffen können. Seine Geschichte nimmt auch einen tragischen Lauf und ich war an manchen Stellen tief berührt.

Der Kommandant Louis, der mit seiner Familie auch einen großen Teil der Geschichte einnimmt, ist auch ein sympathischer Mann. Auch, wenn er nicht immer das richtige tut. Aber wer tut das schon?

Der deutsche Hans erschien mir fast zu wenig. Denn er spielt ja eine sehr große Rolle in Leylas Leben und dafür finde ich, ist er mit zu wenig Tiefe in die Geschichte eingeflossen. Dennoch mochte ich auch ihn gern.

Zugegeben, das Buch hat seine Längen. Denn obwohl es hier eine Liebesgeschichte und viel Drama gibt, spielt die Geschichte und die Politik der damaligen Zeit eine wirklich sehr große Rolle. Und auf manchen Seiten tat ich mich damit unglaublich schwer. Dennoch war es interessant zu lesen und vieles davon war mir auch nicht bekannt. Mir war auch vorher nicht bewusst, wie tragisch das damals eigentlich alles war, als das Osmanische Reich unter ging.
Der Einblick in die türkische Welt und Kultur hat mich sehr begeistert und so kam ich trotz allem die meiste Zeit gut und flüssig und vor allem mit viel Lesefreude durch die Geschichte.

Die Stadt Istanbul wird in der Geschichte so unglaublich detailreich beschrieben, dass man oft das Gefühl hat, selbst gerade dort zu stehen und auf den Bosporus zu schauen. Die Autorin hat es geschafft die Atmosphäre und Stimmung dieser Zeit so gut rüber zu bringen, dass man immer wieder mit den Charakteren bangt und mit fühlt und denkt, dass man gerade selbst neben diesen sitzt und sie am liebsten trösten würde.

Ich kann auch nur sagen, dass mich der Ausgang des Buches sehr tief berührt hat. Da mir die Charaktere, vor allem Leyla, so ans Herz gewachsen sind, musste ich an der ein oder anderen Stelle auch ein Tränchen verdrücken, was mir wirklich nicht sehr oft passiert.

Autorin:

Theresa Révay ist eine französische Autorin und wurde 1965 in Paris geboren. Sie studierte französische Literatur und veröffentlichte mit Anfang 20 ihren ersten Roman. 
Sie arbeitete außerdem als Gutachterin und Übersetzerin für verschiedenen französische Verlage.

(Quelle: Wikipedia)

Fazit und Bewertung:

Dieser Roman hatte für mich alles, was man auch nur erwarten kann. Die Atmosphäre ist unglaublich, die Charaktere gingen mir ans Herz und die Geschichte ist von Anfang bis Ende dramatisch und sehr bewegend. Eine absolute Empfehlung, trotz der vielen Politik. Doch hier muss es einfach dabei sein, damit sich noch besser vorstellen kann, was in den Menschen vorgeht und wie tragisch es damals war.