Rezension

Mittelmäßig

Die Täuferin - Jeremiah Pearson

Der Bund der Freiheit - Die Täuferin
von Jeremiah Pearson

Bewertet mit 2.5 Sternen

Die Täuferin ist ein historischer Roman, der es mit dem Wissen der Zeit nicht allzu genau nimmt.

 

Es geht zum einen um Kristina, eine junge Frau, die sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Böhmischen Brüdern angeschlossen hat. Aus dieser reformistischen, urchristlichen Bewegung gingen später die Hussiten hervor. Der zweite Protagonist ist der durch Pocken entstellte Soldat und Leibeigene Lud, der die jungen Männer aus seinem Dorf in einen Feldzug gegen die Türken führt und seinem Ritter tief ergeben ist. Als Kristina mit ihren Mann und einer Gruppe Gleichgesinnter auf Missionierungsreise geht, verweben sich ihre Schicksale...

 

Zu Beginn wurde ich mit den Figuren überhaupt nicht warm. Sie sind relativ stereotyp, auch wenn sie zum Ende hin mehr Tiefe bekommen. Bei einigen Nebenfiguren ist das noch stärker zu spüren. Zum Teil sind einige Figuren Platzhalter für bestimmte Volksgruppen oder Charaktertypen. Das verhinderte, dass ich wirklich mitfühlen konnte. Leider blieb ich die erste Hälfte des Romans unbeteiligte Leserin. Dies wurde verstärkt, als die Perspektiven häufiger wechselten. Ich mag es eigentlich sowieso nicht gerne, wenn mehrere Erzählstränge auf diese Weise parallel geführt werden, aber in diesem Roman ist es bei manchen Figuren auch einfach überflüssig.

 

Die Thematiken sind vielfältig: Krankheit, Bildung, Politik, Glaube, Judenverfolgung... Dabei bleiben die meisten Themen natürlich relativ oberflächlich. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber besonders die Judenverfolgung wirkte für mich als künstlich in die Geschichte hineinprojiziert, was sehr traurig ist, da die beschriebene Tragödie durchaus einen eigenen Romane verdient hätte. Dafür, dass man die ProtagonistInnen nur sehr kurze Zeit begleitet, sind viel zu viele Problematiken halbherzig verwendet worden. Beim Lesen selber hat mich das aber nicht so sehr gestört, nur war es im Nachhinein unbefriedigend.

 

Aber das Schlimmste war die historische Ungenauigkeit: Zum einen ist der Titel absolut schlecht übersetzt. Es geht nicht um „Täufer“. Diese gab es in einer anderen Gegend zu einer anderen Zeit. Auch die „Villani“, die Leibeigenen, gab es mit diesem Begriff im mitteleuropäischen Sprachraum nicht. Dafür kann der Autor nichts, Bastei Lübbe bzw. der Übersetzer Axel Merz jedoch schon. Andere Anachronismen gibt es ebenfalls: Besonders das medizinische Wissen der Zeitgenossen ist bedeutend zu hoch. Natürlich kann man annehmen, dass einzelne Personen doch mehr wussten, als heute bekannt ist. Aber dann so geballt? Es lässt sich annehmen, dass entweder die Fantasie mit dem Autor durchgegangen ist oder die Recherche einfach nicht ernst genommen wurde. Auch geht der Autor in Nachwort nicht auf möglicherweise bewusst eingebaute Anachronismen ein.

 

Natürlich gab es aber auch Aspekte, die mir gefallen haben: Lud als Figur fand ich sympathisch und seine Entwicklung ist einer der Gründe, weshalb ich den Roman doch zu Ende gelesen habe. Auch gefielen mir die zum Teil grausamen, aber doch authentischen Szenen des Krieges und die ambivalenten Gefühle der Figuren zu Gewalt und Grausamkeit.

 

Fazit: Der Roman ist keine Katastrophe. Der Schreibstil ist in Ordnung, es ist nicht alles extrem auf Liebe und ungewöhnliche Figuren ausgerichtet und auch nicht verharmlost. Aber Die Täuferin möchte zu viele Themen mit zu wenig Recherche verbinden, was den Roman überladen und historisch sehr ungenau werden lässt. Ich bereue nicht, dass ich ihn gelesen habe, überlege aber noch, ob ich dem nächsten Band noch eine Chance geben werde.