Mode ohne Catwalk

Männer in Kamelhaarmänteln
von Elke Heidenreich

Bewertet mit 5 Sternen

Elke Heidenreich schreibt ein Buch über Mode ? Nanu, ist sie etwa unter die Instagram- Influencerinnen gegangen ? Nein, natürlich nicht.

Ihre Geschichten sind weiterhin Lebensgeschichten. Menschengeschichten. Die aber mit einem Kleidungsstück, einem Lebensstil, einem Lebensgefühl zu tun haben. Wir tragen Hüte, um be-hütet zu sein. Es gibt Farben, mit denen wir aussehen, als seien wir , nach durchzechter Nacht, aus dem Gebüsch gekrochen. Aber es gibt auch Farben, die uns zum Strahlen bringen, als hätten wir soben den Literaturnobelpreis gewonnen. Kleidungsstile, die an der Freundin bezaubernd aussehen, an uns jedoch, als hätten wir sie aus dem Altkleidercontainer gefischt. Mit aufgesetzter Sonnenbrille. Im Dunkeln.

„Kleider machen Leute“, das schrieb schon weiland 1834 Gottfried Keller . 1837 erschien das Märchen „ Des Kaisers neue Kleider“ von Hans-Christian Andersen. Und was sagte Karl Lagerfeld über Jogginghosen ? Lagerfeld, der in seinen letzten Lebensjahren einen, seinen neuen Kleidungsstil prägte. Vatermörder, um die Halsfalten zu verstecken und Handschuhe, um die Altersflecken zu verbergen. So erzählt in Heidenreichs Buch.

Aber wir erfahren auch sehr viel aus Heidenreichs Leben, sogar mit Beweisfotos. Ihre Kleidersünden, ihre modischen Exzesse. Die einzelnen Kapitel sind jeweils unter einer Farbe „ Rot“, Gold“, Grün“, „Schwarz“ und „ Weiss“ zusammengefasst. Aber es geht auch um Brillen, Modeaccessoires und Umkleidekabinen. Um Frauen, die Mode-Ikonen wurden und um Kleidung, die erst durch die TrägerInnen weltbekannt wurden. Meine Lieblingsgeschichte ist „ Kleidung im Himmel“ und der dort eingangs erörterten Frage, ob Gott denn ein langes, weißes Nachthemd trägt . Ebenso erfahren wir, warum Heidenreich keine „ Männer in Kamelhaarmänteln“ mag. Es sind witzige Geschichten, traurig-melancholische, offenherzige, psychologische, hoffnungslose und hoffnungsvolle; kurz Lebens- und Menschengeschichten.