Rezension

Mord nach System - mit Schwächen

Der Alphabetmörder - Lars Schütz

Der Alphabetmörder
von Lars Schütz

Nach dem Tod seines Bruders vor einigen Jahren hat Jan Grall damals seine Heimat, den Westerwald, verlassen. Nicht einmal die Beerdigung hat er abgewartet, nur fort. Warum genau, warum so plötzlich und so endgültig, hat er tief in sich verschlossen. Nun muss er sich wider Willen auf alten Pfaden bewegen. Er ist mittlerweile Fallanalytiker und das LKA schickt ihn in bekannte Gefilde, denn ein mysteriöser Leichenfund in einem Wildgehege deutet daraufhin, dass eventuell ein Serientäter hinter dem grausamen Mord steckt, wer sonst sollte sein Opfer markieren. Als nach einem A tatsächlich unmittelbar ein B auftaucht, bestätigt sich die schreckliche Vermutung. Jan Grall und seine Kollegin Rabea Wyler, ebenfalls Fallanalytikerin und ursprünglich aus dem Schweizer Emmental stammend, nehmen ihre Arbeit auf. Vor allem Jan profitiert zwar von seiner noch immer vorhandenen exzellenten Ortskenntnis, muss sich aber auch mit den Dämonen seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Und auch Rabea erhält Hinweise darauf, dass Jan mehr verbirgt als es auf den ersten Blick scheint und beginnt auch abseits des Zweier-Teams Recherchen anzustellen, um den Täter zu finden und die Vollendung des Alphabetes zu verhindern, vor allem als der Täter offenbart, wen er als seinen Schlusspunkt, sein Z, vorgesehen hat.

 

Der Thriller von Autor Lars Schütz nimmt schnell Fahrt auf und für zusätzliche Spannung sorgen Einschübe aus Sicht eines weiteren Opfers, das der Täter bereits entführt hat und darauf wartet, bis er an der Stelle seines Alphabetes angelangt ist, die für diese Person vorgesehen wurde. Es entsteht eine fesselnde Atmosphäre, wozu auch die Unwissenheit über Jan Gralls Vergangenheit an sich natürlich in erheblichem Maße beiträgt. Insgesamt habe ich die Auflösung als sehr schlüssig und tatsächlich einmal als so gut wie nicht vorhersehbar empfunden, zumindest in den Details. Auf welchen Namen Rabea Wyler gestoßen war, hatte ich mir zwar genauso auch gedacht, Begründung und Beteiligung konnten mich dann allerdings wirklich noch einmal überraschen.

Insgesamt muss ich jedoch sagen, dass ich den Thriller gut fand, aber weit entfernt von überragend.

Gelungen sind die Landschaftsbeschreibungen, die ich als sehr realitätsnah und treffend empfunden habe. Als zwar nicht detailliert ortskundige, aber den Westerwald als äußerst heimatnah bezeichnende Person fand ich das charakteristisch passend (auch wenn das Montabaurer Schloss ja von Norden über die A3 kommend schöner zu sehen ist als von Süden, wie Jan Grall es zu sehen bekommt – aber das ist vermutlich einfach Fiction follows Fact) und man bekommt Lust auf eine Schauplatz-Wanderung, wenn man all die bekannten Namen liest.. Auch die Grundidee des Plots an sich ist super, spannend, durchdacht, vielschichtig. Aber in erster Linie hapert es bei mir an den Personen, dass war mir alles irgendwie insgesamt zu wenig. Ich bin nie warm mit den beiden Fallanalytikern geworden und ich fand ihre eigentliche Arbeit an diesem Fall auch viel zu wenig berücksichtigt, bis auf die Schaumstoffball-Szene war mir das zu wenig Konkretes. Als Person am interessantesten fand ich da Anita Ichigawa, die für mich viel mehr Ecken und Kanten aufweisen konnte als vor allem Rabea Wyler. Nichts desto trotz bin ich gespannt auf eine mögliche Fortsetzung, vielleicht wird dann die Vergangenheit von Rabea Wyler geklärt…