Rezension

Morde im Ascheregen

Schwarzer Sand -

Schwarzer Sand
von Cristina Cassar Scalia

Bewertet mit 4 Sternen

Ein sehr gut geschriebener Kriminalroman, der die Leser*innen in die italienische Polizeiarbeit und sizilianische Gangsterwelt entführt.

"Irgendetwas am Fund dieser Leiche war interessanter als alle anderen Morde, mit denen sie sich in letzter Zeit befasst hatte. Vielleicht lag es an der ungewöhnlichen Kulisse, die der eines Filmsets glich, wie Adriano es formuliert hatte. Vielleicht war es einfach nur Neugier auf einen jener vertrackten Fälle, in die sie sich so gern hineinwühlte, die ihr aber nur selten begegneten. Vielleicht war es auch nur das Bedürfnis, ihre Tage auszufüllen und ihren Geist zu beschäftigen (…)"

Schwarzer Sand, E-Book-Ausgabe, S. 50

 

Herzlichen Dank an die Penguin Random House Verlagsgruppe für das Rezensionsexemplar. Der Kriminalroman „Schwarzer Sand“ von Cristina Cassar Scalia erscheint am 14. Juni 2021 im Limes Verlag und ist der Auftakt zu einer neuen Krimireihe auf Sizilien.

Darum geht’s

In einer renovierungsbedürftigen Villa auf Sizilien wird eine Frauenleiche gefunden. Sie ist mumifiziert und hat über 50 Jahre in ihrem Versteck gelegen. Für die ermittelnde Kommissarin Giovanna „Vanina“ Guarrasi wird dieser Fall zu einer Reise in die Vergangenheit, die noch mach andere Leiche aus dem Keller hervorholt; auch Geister aus ihrer Vergangenheit sind darunter, die sie eigentlich lieber vergessen würde.

Mein Leseerlebnis

Vom wunderschönen, leuchtenden Fernweh-Sehnsuchtscover werde ich zunächst in eine etwas dunklere Kulisse geworfen, denn der Himmel über Sizilien ist wolkenverhangen und der Vulkan Ätna spuckt seit Tagen Lava und Asche. Es muss ein faszinierendes, aber auch erschreckendes, Schauspiel sein, das die Einheimischen immer wieder erleben müssen. Die gruselige Kulisse passt sowohl wunderbar zur Gefühlswelt der Protagonistin Vanina, der ein trauriger Jahrestag bevorsteht, als auch zum Fund einer mumifizierten Leiche in einer alten Villa. Vor meinem inneren Auge baute sich hier eher die Kulisse eines Horrorfilms, statt eines Krimis auf. Ganz so gruselig wird es dann aber doch nicht.

Die Leser*innen müssen sich sehr schnell sehr viele italienische Namen merken, denn sowohl die ganze Mordkommission bei der Polizei, als auch eine ziemlich große Zahl an Verdächtigen und Kontaktpersonen im Umfeld des Opfers werden vorgestellt und spielen auch immer wieder eine Rolle. Hinzu kommen verschiedene Titel und Dienstgrade, mit denen die Personen auch ab und an angesprochen werden. Für mich wurde das Leseerlebnis dadurch leider erheblich gedämpft und ich habe es als sehr anstrengend empfunden, die Namen immer wieder aufs Neue zuzuordnen. Leider gibt es kein Personenregister, das an der Stelle sehr hilfreich gewesen wäre.

Die Protagonistin wird vielschichtig und interessant dargestellt. Es macht Freude, der Kommissarin und ihren Kolleg*innen sowie einigen Nebencharakteren zu folgen und sie mehr und mehr kennenzulernen. Allerdings habe ich mich ihnen emotional nicht sehr nahe gefühlt und eine Identifikation fand nicht statt.

Der Kriminalfall ist brillant aufgebaut. Es wird in verschiedene Richtungen ermittelt und immer wieder führen neue Erkenntnisse zu weiteren Perspektiven, sodass die Spannung bis zum Ende erhalten bleibt. An einigen Stellen war mir die eine oder andere Wendung fast schon zu viel. Definitiv bin ich als Krimifan in diesem Buch auf meine Kosten gekommen.

Obwohl der Roman hauptsächlich von der Kriminalgeschichte und den Protagonist*innen lebt, vermittelt die Autorin definitiv ihre Liebe zu Sizilien. Beschreibungen der Orte, der Dialekte, der Menschen und des Essens transportieren liebevoll das Lokalkolorit der italienischen Insel. An dieser Stelle möchte ich die gute Übersetzungsarbeit von Christiane Winkler loben, da ich davon ausgehe, dass diese Aspekte im Originaltext für italienische Leser*innen anders beschrieben werden.

Auch darüber hinaus ist der Schreibstil angenehm und enthält, im Vergleich zu anderen Krimis, etwas gehobenere Ausdrücke und komplexere Satzkonstruktionen. Diese werten das Leseerlebnis allerdings eher auf, als dass ich sie als störend empfand. Lediglich die bereits erwähnte Vielzahl der Namen sorgte leider immer wieder für einen stockenden Lesefluss.

Fazit

SCHWARZER SAND ist ein sehr gut geschriebener und spannender Kriminalroman, der die Leser*innen sowohl in die italienische Polizeiarbeit als auch die Gangsterwelt entführt. Dass Sizilien als Insel nochmal eigenen Charme und eigenes Lokalkolorit mitbringt vermittelt der Roman nebenbei. Leider war ich mit der Vielzahl der Namen überfordert und hätte mir für den ersten Band weniger Verdächtige gewünscht, um die Mordkommission erstmal richtig kennenzulernen.