Rezension

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Mr. Wohltäter

Geschenkt - Daniel Glattauer

Geschenkt
von Daniel Glattauer

Gerold Plassek - genannt Geri - ist Journalist und seit Neustem Vater Manuels. Als Gerold die mehr oder weniger glückliche Nachricht ereilt ist Manuel immerhin schon 14 Jahre alt; nur wenige Monate jünger als Gerolds Tochter Florentina aus erster Ehe.

Manuels Mutter ist Ärztin und beabsichtigt im Rahmen eines sozialen Projektes (ähnlich Ärzte ohne Grenzen) für ein halbes Jahr nach Somalia zu gehen – natürlich ohne Manuel, der fest in Wien verwurzelt ist. Wohl oder übel bittet sie Gerold deswegen, die Nachmittagsbetreuung des Jungen zu übernehmen. Manuel ahnt nicht, dass dieser unsympathische Versager sein Vater ist; „Onkel Geri“ wird ihm als alter Freund seiner Mutter vorgestellt. In den vergangenen fünfzehn Jahren führte Gerolds beruflicher Werdegang von der "Rundschau" zu einer Wiener Gratiszeitschrift namens "Tag für Tag", für welche er in den Rubriken Kultur, bunte Meldungen zum Tag und Soziales Beiträge schreibt. Ein äußerst bequemer Job, der sein Einkommen mehr schlecht als recht sichert. Aber Geri war schon immer wenig hungrig nach Erfolg; statt dessen war - oder ist es nach wie vor - durstig. Der Alkohol hat sich in der Vergangenheit zu seinem besten Freund entwickelt.

Dann trifft Gerold aber mit einem Artikel über eine überfüllte Obdachlosenschlafstätte ganz unbeabsichtigt den Nerv der Zeit. Sein Artikel veranlasst einen anonymen Spender, der Einrichtung 10.000 Euro in bar zu übermitteln. Der Beginn einer Serie von Wohltaten, durch die Gerold immer mehr in den Focus der Öffentlichkeit gerät; und ganz unbeabsichtigt löst er damit eine Welle von Wohltaten aus. Immer mehr Spenden in Höhe von stets 10.000 Euro kommen Bedürftigen zugute – immerzu in bar und in einem weißen Briefumschlag verpackt nur mit einem von Geris Artikeln als Beilage.

Der Wohltäter scheint sich auf kurze sachliche Artikel über Schicksale, noch dazu abgedruckt in einer Gratiszeitung, zu konzentrieren, woraufhin die Leitung der Zeitung in die Kritik gerät, die Spendenaktionen initiiert zu haben. Auch der neue Ehemann seiner Exfrau gerät unter Verdacht.

Als Gerold aber seine Stelle kündigt, weil die rechtsorientierte „Tag für Tag“ die Veröffentlichung seines Artikels über eine tschetschenische Flüchtlingsfamilie, ablehnt, dessen Abdruck zwar nicht ihm, aber umso mehr Manuel am Herzen liegt, und er freiberuflich für die Neuzeit zu schreiben beginnt, erregen plötzlich auch ausführliche Ausarbeitungen das Interesse des Geldgebers. Wer steckt also dahinter? Hat er es womöglich auf Gerold abgesehen?

Gerold vollzieht im Laufe der Geschichte einen deutlichen Wandel. Er wird ungewohnt geschäftig, verzichtet freiwillig immer öfter auf Alkohol und nähert sich seinem Sohn und seiner Tochter an; er wird zum Ansprechpartner und Vertrauten seiner Kinder.

Als Zugabe scheint sich noch eine Beziehung zu der Zahnärztin seines Sohnes zu entwickeln.

Das Buch zeichnet sich durch einen klaren Handlungsstrang, eine klare Sprache, wobei mir allerdings der eine oder andere österreichische Begriff völlig fremd war, und einen wunderbar trockener Humor aus.

Fazit: Ein tolles Buch mit einer sehr schönen Geschichte, die ihren Ursprung in einer wahren Geschichte hat.