Rezension

Museum als Rettungsinsel

Die Frau im Musée d'Orsay - David Foenkinos

Die Frau im Musée d'Orsay
von David Foenkinos

Bewertet mit 2.5 Sternen

Museen sind wundervolle Orte, egal ob sie Heimatgeschichte, die Antikensammlung, naturkundliche Dinge oder Kunst zeigen. Sie bewahren vergangenes für die Zukunft auf. Ist man in den Ausstellungsräumen unterwegs, fühlt es sicher für mich immer an, als ob jemand die Lautstärke auf tonlos gestellt hat und die Uhren ein wenig langsamer ticken. Selbst in der Sammlung antiker Schwerter ist es irgendwie friedlich. Ich mag das wirklich sehr und kann die Hauptfigur in David Foenkinos Roman gut verstehen. Antoine scheint von seinem bisherigen Leben eine Auszeit zu brauchen und fängt als Museumsaufsicht im Pariser Musée d'Orsay an. Als Kunstprofessor hat er viel Ahnung von dem gerade im Museum ausgestellten italienischen Künstler Amedeo Modigliani und hält innere Zwiesprache mit dem Portrait der jungen Freundin des Künstlers. Die Personalchefin Mathilde ist fasziniert von Antoine in seiner Sprachlosigkeit und als sich beide zufällig näher kommen, beginnt Antoine langsam aufzutauen und ihr seine Geschichte zu erzählen.

In vier Teilen enthüllt Foenkinos seine Handlung, in der neben Antoine auch Camille eine Hauptfigur ist. Ihre Geschichte ist traurig und verstörend. Und nicht zuletzt durch die Begegnung mit ihr als begabter Kunststudentin fühlt sich Antoine nicht mehr in der Lage seinen Job auszuüben und flüchtet von Lyon nach Paris.

Ich habe lange darüber nachgedacht, was Foenkinos dazu bewogen hat, seine Handlungen in dieser Form miteinander zu verweben und komme für mich zu keinem sinnvollen Schluss. Das, was Camille passiert, ist furchtbar. Unbestritten. Und es ist in gewisser Weise auch gut, darüber zu schreiben und den Lesern zu zeigen, wie Täter-Opfer-Beziehungen funktionieren, wie hilflos und ausgeliefert man sein kann. Aber ich verstehe diese Verbindung zu Antoine als Figur nicht. Er lebt ein gutes Leben, geht völlig in seiner akademischen Kunstwelt auf. Ist ein guter Professor und vielleicht kein ganz so guter Lebenspartner, denn seine langjährige Freundin Louise trennt sich, weil er sich nicht mit einer gemeinsamen Zukunft auseinander setzen will. Doch das geht vielen Paarbeziehungen heutzutage so. Und manchmal braucht man einen Ortswechsel, um ein Beziehungsende zu verarbeiten.

Auf mich wirkt das Buch in sich nicht stimmig. Die Figuren haben mich nicht berührt. Foenkinos formaler Aufbau der Vierteilung ist sicher gut, um die Spannung innerhalb der Geschichte zu halten, aber seine Auflösung am Ende wirkt konstruiert und kitschig, und die im Klappentext beschriebene Liebesgeschichte voller Momente der Schönheit habe ich irgendwie verpasst, zumindest die Momente voller Schönheit. Wahrscheinlich liegt es zum großen Teil daran, dass ich mit dem Erzählstil nicht warm geworden bin. Die Art und Weise wie Foenkinos die Figurenperspektive wählte, funktioniert für mich einfach nicht. Ich stand immer nur am Rand und merkte beim Lesen, wie ich mich über die Formulierungen und die Art des Erzählens ärgerte. Ich habe mir deutlich mehr erwartet von diesem Buch und bin enttäuscht, dass es mich nicht überzeugen konnte.