Rezension

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So finster, so kalt - Diana Menschig

So finster, so kalt
von Diana Menschig

Bewertet mit 5 Sternen

Der erste Satz
"Die Hexe ist tot!", hörte Ronja ihren Freund Luke aufgeregt flüstern.
 
Meine Meinung
Inhalt
Merle lebt als erfolgreiche Anwältin in Hamburg und hat über ihre Karriere ihre Familie ein bisschen aus den Augen verloren. Sie hat sich ewig schon nicht mehr in dem kleinen Örtchen "Steinberg", welcher im Schwarzwald liegt, blicken lassen. Dabei hat sie gerade zu ihrer Omi immer ein sehr inniges Verhältnis gehabt. Umso geschockter ist sie, als sie erfährt, dass ihre geliebte Omi gestorben ist. Merle macht sich sofort auf den Weg um ihrer Großmutter die letzte Ehre zu erweisen. Als wäre dieses tragisches Ereignis nicht schon schlimm genug, plagen die Protagonistin auch noch schwere Alpträume, die sie nicht mehr schlafen und zur Ruhe kommen lassen. Da sie diese Träume auf ihren Arbeitsstress schiebt, ist sie sehr erleichtert, endlich Urlaub machen zu können, den sie in dem alten Häuschen ihrer verstorbenen Großmutter verbringt. Doch auch dort will es einfach nicht besser werden. Als sie auch noch merkwürdige Dokumente auf dem Dachboden des alten Häuschens findet, holt sie sich Hilfe von Jakob Wollf - Einem Experten für Sagen und alte Geschichten.
Merle hat keine Ahnung, was sie alles erfahren und erleben wird...

So also fühlte sich Glück an. Ungetrübtes, reines Glück. Alles an seinem Platz, kein dunkler Fleck, nirgends. Konnten Märchen wahr werden? Vielleicht.
Seite 149

Charaktere
Merle lebt sehr zurück gezogen. Wirkliche Freunde hat sie nicht, weil sie sich mehr um ihren Job als Anwältin kümmert. Als sie vom Tod ihrer Omi erfährt, bricht für sie eine Welt zusammen, denn schon als kleines Kind hatte sie zu ihr ein super enges Verhältnis.
Jakob wird von Merle kontaktiert. Er ist ein absoluter Märchenspezialist will ihr helfen herauszufinden, was es mit den seltsamen Dokumenten auf sich hat. Jakob ist total undurchschaubar, was Merle sich häufig fragen lässt, was für ein Mensch er eigentlich ist.

Sie duckte sich unter dickeren Ästen, sprang über spitze Wurzeln, drohte immer wieder zu stürzen und hielt sich doch irgendwie auf den Beinen. Die Panik im Nacken trieb sie unbarmherzig voran.
Seite 318

Gesamt
Zuerst möchte ich unbedingt sagen, dass ich das Cover absolut passend zur Geschichte finde. Es zeigt das alte Häuschen von Merles Großmutter im tiefsten Wald. Genau so habe ich mir dieses Gebäude auch vorgestellt. Ebenso die finsteren Farben passen haargenau zur Verlauf des Romans. Oft hatte ich eine sehr düstere Stimmung beim Lesen, weil diverse Stellen für mich schon ziemlich gruselig und beklemmend waren. Der Titel hätte für diese Geschichte ebenfalls nicht besser gewählt sein können: Die wenigen "hellen Momente" wechselten sich stets mit den "finsteren Momenten" ab.
Gleich der Prolog hat mich sehr neugierig auf das gemacht, was mich wohl noch erwarten wird. Diana Menschig hat mit "So finster, so kalt" einen rundum spannenden Roman geschrieben, bei dem jede kleine Pause zu einer absoluten Qual wird. Dadurch, dass die einzelnen Kapitel ab und zu aus einer anderen Sicht als nur der von Merle erzählt wird, bekommt man auch gut die Stimmung und die Ereignisse der anderen Charakteren mit. So fällt es noch leichter in die Geschichte einzutauchen und sich mit den Erzählern verbunden zu fühlen. Die einzelnen Sprünge habe ich niemals als zu abrupt oder als verwirrend, sondern immer als absolut passend gewählt empfunden. Der lockere Schreibstil und die nie enden wollende Spannung macht es sehr leicht wie ein Düsenjet durch den Roman zu fliegen.
Zusätzlich zu der gegenwärtigen Erzählweise hat die Autorin auch immer noch die längst vergangene Geschichte von Greta und Hans in die Geschichte mit eingebaut, was ich als äußerst gelungen empfunden habe. In diesen Abschnitten erfährt der Leser, wer vorher in dem "Knusperhäuschen" gelebt hat und was dort in der Vergangenheit so alles passiert ist.
Trotz das ich im Grunde genommen kein Fan davon bin, wenn vieles aus der vergangenen Zeit preis gegeben wird, habe ich bei "So finster, so kalt" diese Abschnitte förmlich herbei gesehnt. Diana Menschig hat eine richtig gute Mischung zwischen Präsens und Präteritum gefunden, so dass es mir auch in der Vergangenheit niemals langweilig wurde.
Besonders gut haben mir die Anspielungen auf verschiedene Märchen gefallen. Ich habe mich selbst dabei ertappt, wie ich mit geraten habe, um welches es sich wohl gerade handeln mag. Viele hatten sich schon längst aus meinem Gedächtnis verabschiedet und wurden erst wieder durch diesen Roman zurück in meinen Kopf gerufen.
Die düstere Stimmung hat mich stets durch diesen Roman begleitet. Ich war schockiert über die Alpträume mit denen sich Merle rumschlagen muss. Habe mit ihr mitgefühlt, als sie den Tod ihrer Großmutter erfahren hat und hatte selbst an einigen Stellen ein sehr beklemmendes Gefühl in der Magengegend, wenn erneut seltsame Dinge im Haus, ums Haus herum, oder im Dorf passiert sind.
Die Autorin hat mich an den Haaren in die Geschichte gezogen und mich selbst durch den Wald laufen lassen. Ich habe Merle stets begleitet und ihre Angst, sowie ihre gesamten Emotionen gespürt. Durch die bildliche Sprache von Diana Menschig ist es mir sehr leicht gefallen, mir die gesamte Umgebung vor Augen führen zu können.
Es passierte viel, womit ich niemals gerechnet hätte. Alles, aber auch wirklich alles, was ich mir während des Lesens so gedacht hatte, war nicht zutreffend. Die Autorin hat mich richtig schön an der Nase herumgeführt und mir einen wunderbar unvorhersehbaren Roman voller Grusel und märchenhaften Genuss geschaffen.

"(...) Mein Herz weint um jede Minute, die ich in meinem Leben verschenkt habe, weil wir einander noch nicht begegnet sind."
Seite 348

Fazit
Ich bin so unendlich froh, dass ich "So finster, so kalt" lesen durfte. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte ich eindeutig ein unfassbar gutes Buch verpasst. 
An Spannung und Grusel mangelt es an diesem Roman auf keiner einzigen Seite. Oft habe ich selbst ein bisschen Angst bekommen, weil Diana Menschig einfach alles so unglaublich bildlich beschrieben hat. Ich habe Merle begleitet und war stets eins mit ihr. Jegliche Art von Emotionen sprangen mich nahezu an. 
Die wunderbare Erzählweise hat mich total entzückt. Der Perspektivenwechsel, wie auch der Sprung in die Vergangenheit haben mich kein einziges Mal gestört, oder gar meinen Lesefluss beeinträchtigt. Eher im Gegenteil. Hat man diesen Roman einmal angefangen, will man ihn einfach nicht mehr zur Seite legen.
Ich.Will.Mehr!
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