Rezension

Mysterien des Schreibens

Die Unschärfe der Welt - Iris Wolff

Die Unschärfe der Welt
von Iris Wolff

Bewertet mit 2.5 Sternen

Es ist das Mysterium eines jeden Autors, warum er seine Werke schreibt.

Für viele Mysterien darf man als Leser dankbar sein: Victor Hugos „Les Miserables“, Margaret Atwoods „Der Report der Magd“, Thomas Manns „Buddenbrooks“ oder Gabriel Garcia Marquez „100 Jahre Einsamkeit“.

Warum Iris Wolff „Die Unschärfe der Welt“ geschrieben hat ( oder was der Titel bedeutet), entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Das macht es mir auch so besonders schwer, über dieses Buch zu schreiben. Es ist nicht greifbar, vielleicht noch nicht einmal angreifbar. Es interessiert mich schlichtweg nicht!
Iris Wolff erzählt die Geschichte einer vier Generationen umspannenden Familie, die im Banat beheimatet ist und deren Schicksal auch immer unmittelbar mit dem politischen Geschehen einhergeht. Mehr ist zum Inhalt schon gar nicht zu sagen.

Die Sprache ist edel, blumig, Metaphern- durchtränkt und auf Dauer nervtötend. Durch diesen artifiziell- gestelzten Stil kommt leider keine Empathie für die allesamt blass bleibenden Familienmitglieder auf, auch, weil ihre Leben nur oberflächlich gestreift werden.

Alles scheint bedeutungsschwanger in diesem Roman, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2020 steht. Keine Figur des Personals ragt heraus und schafft es, wirkliches Interesse an seinem/ihrem Schicksal zu wecken und auch der eigentlich hochinteressant Schauplatz, das deutschsprachige Banat in Rumänien während des kalten Krieges und nach der Wende, zeichnet sich durch eine relevante Beschreibung aus. Die politischen und gesellschaftlichen Umstände werden einem von Iris Wolff nicht näher gebracht, was ich, angesichts der Seltenheit des Schauplatzes in der deutschen Literatur, geradezu unverzeihlich finde. Warum also wählt die Autorin, außer ihrer autobiographischen Nähe zu dieser Region, diesen Teil Europas für ihren Roman? 
Auch die sehr reduzierte Handlung der Erzählung kann ich nur schwer deuten.

Menschen fliehen von Ost nach West, ohne ersichtlichen Grund, ohne große Dramatik. Menschen fliehen, verschwinden für Jahre und am Ende treffen alle Personen wieder aufeinander und leben glücklich bis an ihr Ende.

Es gibt Drachen, Homosexuelle und fast im Vorübergehen gezeugte Kinder, eine Großmutter träumt von der Monarchie, Wasser spielt eine entscheidende Rolle und Sprachlosigkeit und Bücher und alles wirkt, wie ein unausgegorenes Märchen, dessen Bedeutung man nicht entschlüsseln kann. Eine armselige Handlung mit ein bisschen Feenstaub angereichert, ergibt leider kein lesenswertes Buch.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 20. September 2020 um 19:53

Dieses Buch hast du nicht verstanden, liebe Lesa.

lesesafari kommentierte am 20. September 2020 um 20:23

;D Haha, ich bin hier nur durch Zufall gelandet.
Dieses Buch habe ich längst vergessen, war es die schwierige Geburt? Diese Rezi sagt mir, es geht um Sprachlosigkeit bzw. des Nicht-Aussprechen-Dürfens.
Dafür hörte ich heute die Kurzrezi zu "Streulicht", die mir wieder mehr zusagte, als die Leseprobe.

wandagreen kommentierte am 20. September 2020 um 23:20

Oh, Mist, Lesa: es ist Himmi, die es nicht versteht ;-). Na - mit Himmi bin ich manchmal total unterschiedlicher Meinung, aber ca. 60 Prozent Übereinstimmung ist auch da. Sorry, Lesa!

Himmelfarb kommentierte am 21. September 2020 um 09:43

Nur, weil mir das Buch nicht zusagt, und ich es als Deutsche Befindlichkeitsliteratur abtue, heißt es noch lange nicht, dass ich es nicht verstanden habe. Wir DÜRFEN unterschiedlicher Meinung sein!!