Rezension

Nachbarschaft

Das Kind nebenan -

Das Kind nebenan
von Shalini Boland

Bewertet mit 4 Sternen

Kirstie und ihr Mann leben in einer ruhigen, beschaulichen Straße. Gerade ist ihre wenige Monate alte Tochter vom Elternschlafzimmer in ihr eigenes Reich umgezogen und Kirstie überwacht ihren Schlaf mit dem altbewährten Babyphone. Eines Abends ist sich die junge Mutter sicher, fremde Stimmen aus dem Gerät zu hören, die darüber flüstern, das Baby mitzunehmen. Verständlicherweise gerät sie in Panik, findet dann aber ihr Kind friedlich schlummernd und allein in seinem Bettchen.

Die Situation, die die Autorin ihrer Geschichte zu Grunde legt ist wohl für alle Eltern der Horror. Schon bei der Vorstellung, eine, oder mehrere fremde Personen könnten im Haus sein und das eigene Kind entführen, bekommt man als Mutter Gänsehaut. Es wird quasi eine Urangst alller Eltern getriggert. 

Die komplette Geschichte wird aus Sicht der verunsicherten Mutter erzählt. Der Leser erlebt ihre Ängste hautnah mit, ebenso wie die Reaktionen in ihrem Umfeld, wenn sich keine Hinweise finden lassen, die ihre Beobachtungen untermauern könnten. Sehr intensiv beschreibt die Autorin die Gedankenspirale ihrer Hauptfigur, die Ängste, die Zweifel, die Versuche die Ereignisse für sich selbst zu erklären und das Hineinsteigern in zwanghaftes Verhalten, ebenso die zunehmende Frustration auf Grund der fehlenden Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld. Leider ist das Ganze stellenweise fast zu intensiv. Die ständigen Wiederholungen der immer selben Grübeleien ziehen sich ziemlich. Man hat den Eindruck, die Geschichte läuft schon seit Wochen, dabei sind es nur wenige Tage.

Wenn Kirstie sich die wildesten Szenarien ausdenkt und immer wieder neue Verdächtigungen gegen Nachbarn und Freunde ausspricht, wird man schnell etwas gereizt. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Autorin bewusst ist, wie ihre Figur auf den Leser wirkt und ob das eventuell sogar beabsichtigt war. Allerdings ist auch Kirsties Ehemann eine Figur, bei der man als Leser an sich halten muss, wie er mit den Ängsten seiner Frau umgeht, ist echt das Letzte. Irgendwie ist jede Figur im Buch unsympatisch und man entdeckt im Verlauf bei jeder etwas negatives. 

Der Schreibstil der Autorin ist leicht zu lesen, der Aufbau der Geschicht relativ klassisch - innerhalb eines begrenzten Raumes geht etwas Merkwürdiges vor sich, von dem nur eine Person etwas bemerkt, die dann, auf Grund verschiedener Faktoren, nicht glaubwürdig erscheint. Die Autorin kommt nun vollkommen ohne Gewalt und Blutvergießen aus. Es gibt nur diese subtile, unterschwellige Bedrohung, die bei Tageslicht betrachtet mit tausend anderen Dingen erklärbar ist und die die Hauptfigur langsam an den Rand des Wahnsinns und zu irrationalen Handlungen treibt.

Die Auflösung des Ganzen hat mich total überrumpelt, schließlich hatte ich genau wie die Hauptfigur zich verschiedene Varianten im Kopf und diese gehörte da nicht dazu. Obwohl, so ganz stimmt das dann auch wieder nicht, aber wenn ich da jetzt näher drauf eingehe würde ich spoilern. Letztlich ein solider Psychothriller, mit ein paar Längen, den man vielleicht nicht unbedingt an junge Eltern verschenken sollte.