Rezension

Nachdenkliches Buch über Ehe, Alkoholismus und Neuorientierung im Alter

Schnee in Amsterdam - Bernard MacLaverty

Schnee in Amsterdam
von Bernard MacLaverty

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein altes irisches Ehepaar aus Glasgow auf Reise ins winterliche Amsterdam, er ehemals Architekturdozent, sie Lehrerin. Stella ist die Organisatorin in der Ehe und hat ihre eigenen Vorstellungen zu Amsterdam. Gerry interessiert sich immer noch für sein Fachgebiet, aber ansonsten für nichts mehr; er trinkt exzessiv.

"Alkohol machte alles leichter, machte es leichter, Gefühle zu haben, Worte zu finden." (172)

Etwas Seltsames liegt in dieser Beziehung, dieser alten Ehe mit den eingespielten Verhaltensweisen. Einerseits ist da viel Zusammengehörigkeit und Zärtlichkeit, andererseits kommt nach und nach heraus, dass Stella Gerry verlassen und am liebsten für immer in der religiösen Gemeinschaft des Beginenhofs in Amsterdam leben möchte. Aber sie schwankt in ihrer Meinung hin und her und scheint selber nicht sicher zu wissen, was sie will.

Es gibt einige Rückblenden zu furchtbaren Erlebnissen in Belfast, aber sie scheinen nicht der Grund zu sein, warum beide Probleme haben.

Stella: "Ich bin des Lebens müde, so wie wir es führen. - Wie können wir am besten unser Leben leben? Wie können wir ein gutes Leben leben?" - "Wir haben den Stoff unseres Lebens falsch zugeschnitten. Er passt nicht." (130)

Beide scheinen in einer Krise zu stecken. Aber während Stella nach Veränderungen sucht, in denen Gerry keinen Platz haben soll, verharrt er im Trinken und dem damit verbundenen Lügen, zeigt aber auch deutlich, dass er Stella immer noch liebt. Man kann jedoch verstehen, dass seine Trunksucht für Stella ein Problem darstellt.

Es ist ein leises, ruhiges Buch ohne viel Handlung und besteht hauptsächlich aus den Gedanken der beiden Hauptfiguren und ihrem Umgang und ihren Konflikten miteinander. Für mich liegt ein Hauch Melancholie über dem Ganzen und ich habe den Roman hauptsächlich wegen der feinsinnigen Beobachtungen und der sprachlichen Highlights gerne gelesen. Lediglich die Dialoge fand ich ein wenig hölzern, was dem Ganzen aber kaum Abbruch tat.