Rezension

Nachhilfe im Sterbeverein

Der Fluch des Hauses Foskett - M. R. C. Kasasian

Der Fluch des Hauses Foskett
von M. R. C. Kasasian

Bewertet mit 4 Sternen

Sidney Grice ist seit dem letzten Fall nicht gerade glücklich, sind doch alle der Meinung, er hätte seinen eigenen Klienten an den Galgen gebracht. Das bekommt oft genug auch sein Mündel March Middleton zu spüren. Als Glückssituation stellt sich heraus, als ein Mitglied eines Stervevereins bei ihnen auftaucht, der um Hilfe ersucht, weil irgendwer den Mitgliedern des Sterbevereins ziemlich makabre Nachhilfe im Sterben erteilt. Als Fail könnte man es bezeichnen, dass dieser Klient ausgerechnet in Grices Haus stirbt. Und egal, in welche Richtung der Detektiv aus der Gower Street ermittelt, es ist wie bei Hase und Igel: Der Tod ruft jedes Mal triumphierend: Ich bin allhier!

Trotz seiner oft auch frauenfeindlichen Äußerungen fand ich Grice dieses Mal erträglicher. Er ist dezent tierlieb und arbeitet manchmal auch hinter den Kulissen auf eine gewisse Art menschenfreundlich, Hauptsache, es bekommt keiner mit. Irgendwo habe ich eine lächerliche Rezension gelesen, wo sich betreffende Rezensentin aufregt über sein frauenfeindliches Verhalten und was sie an March' Stelle mit ihm getan hätte. Brachte mich zum Lachen. Sie hätte wahrscheinlich nicht mal gewagt, so viele intelligente Widerworte wie March zu geben, weil im 19. Jahrhundert Frauen, die nicht gerade als Prostituierte arbeiten wollten, völlig von ihren Männern abhängig waren. Und wenn man zwischen den Zeilen liest, kümmert sich Grice ziemlich gut um March, auch wenn er keine Gedichte über sie schreibt. Selbst seine recht unfähigen Hausangestellten behält er, was in deren Fall nicht wirklich selbstverständlich ist.
Was mir nicht so gut gefällt ist, dass sich der Autor nicht ein wenig kürzer fassen kann. Es kommt zwischendrin immer mal wieder zu vermeidbaren Längen. Wirklich viele sympathische Figuren tauchen auch nicht oft auf, damit muss man sich wahrscheinlich abfinden. Alles in allem solide und unterhaltsame Krimikost über das viktorianische England.

Kommentare

lex kommentierte am 27. Juni 2019 um 10:36

Du hast es besser bewertet als ich - dann liest du sicher auch bald Teil 3. Da bin ich echt auf deine Meinung gespannt, den fand ich nämlich nach dem ersten Drittel nur noch nervig. Die Längen sind episch. Ich werde die Reihe auch nicht weiter verfolgen.

E-möbe kommentierte am 27. Juni 2019 um 16:35

Tatsächlich bin ich gerade kurz vorm Ende und mir gefällt die Reihe noch immer, obwohl ich ebenfalls der Meinung bin, 200 Seiten weniger hätten dem Buch gutgetan. Wird es denn noch mehr Bände geben?

lex kommentierte am 27. Juni 2019 um 17:03

Ich glaube, es gibt inzwischen fünf auf Englisch. Soviel ich weiß, hat Kasasian auch eine zweite Reihe (Betty Church) begonnen. Falls die mal übersetzt wird, würde ich ihr eine Chance geben. Aber Grice geht mir mächtig auf den Keks. :-)

E-möbe kommentierte am 27. Juni 2019 um 18:54

Hast du eigentlich gecheckt, warum March gefühlte 100 Jahre im Delirium war? Wegen eines winzigen Stücks Kuchen? Really?

lex kommentierte am 28. Juni 2019 um 09:15

Holländischer Kuchen bestimmt. :-P

Zwecks Dramatik? Ja, genau das (u.a.) meinte ich mit epischen Längen. :-D Ich konnte mit March in diesem Teil sowieso nicht viel anfangen, ehrlich gesagt. Sie handelt schon ziemlich naiv, auch wenn das am Ende wieder zurechtgerückt wird.

E-möbe kommentierte am 28. Juni 2019 um 09:26

Ja, ich fand sie in den beiden Bänden davor auch cleverer, das gebe ich zu. Hier hat sie sich wirklich zu sehr darauf verlassen, dass Grice oder der Inspector sie schon rausholen. Von ihrer vorherigen Intelligenz war nicht viel zu sehen, das hat mich auch gestört.