Rezension

Nachkriegsgeschichte, die bewegt

Der schwarze Winter -

Der schwarze Winter
von Clara Lindemann

Bewertet mit 5 Sternen

Deutschland, 1946/1947. Der 2. Weltkrieg ist beendet und die Besatzer versuchen Ordnung in einem zerstörten Land zu schaffen. Die Lebensumstände sind katastrophal, Hunger und Not sind an der Tagesordnung. Die Schwestern Silke und Rosemarie, Flüchtlinge aus Danzig, kämpfen wie viele Millionen Geflüchteter ums Überleben. Ein Kanten Brot oder eine Kartoffel können das Überleben einen weiteren  Tag sichern. Ihr Ziel ist Hamburg. Dort hoffen sie ein neues Leben beginnen zu können.

Das Buch hat mich sehr begeistert. Die Autorin hat ihre Figuren und die ganze Geschichte unheimlich eindrucksvoll und auch authentisch erzählt. Die Umstände, unter denen Silke und Rosemarie durch die Lande ziehen und die ihnen begegnen, sind so bildlich geschildert, dass mir beim Lesen selbst ganz anders zumute wurde. Die Schilderungen des ausgebombten Hamburgs und das Elend der Menschen sind mir sehr nahe gegangen und ich musste das Buch hin und wieder aus der Hand legen. Und mir bewusst machen, wie gut ich es als Nachkriegsgeborene habe und Krieg, Vertreibung, Hunger und Elend lediglich aus Erzählungen kenne.

Die Figuren haben mir sehr gut gefallen. Mit Silke und Rosemarie sind der Autorin zwei tolle Hauptfiguren gelungen. Auch ihre Auseinandersetzung mit ihrem bisherigen Leben, dem Krieg und der NS-Zeit finde ich sehr authentisch geschildert. Dazu passen Hans und Gustav als Figuren ganz wunderbar. Beide gewitzt und mit ihrer eigenen traumatischen Geschichte versehen, haben sich diese beiden Männer in mein Herz geschlichen.

Das Buch ist eines der wenigen Bücher aus dem Unterhaltungsbereich, bei dem sich die Figuren über ihre eigenen Beweggründe in der Kriegszeit Gedanken machen und ihr Handeln reflektieren. Und es sind einfache Menschen, in denen sich jeder von uns wiederfinden kann, die dort diese Überlegungen anstellen.

Als ich das Buch beendet und zur Seite gelegt hatte, war ich tief bewegt und einige Aspekte des Buches gingen mir heute, am Tag danach, noch immer durch den Kopf.