Rezension

Naja... Schade

Die wundersame Mission des Harry Crane - Jon Cohen

Die wundersame Mission des Harry Crane
von Jon Cohen

Bewertet mit 2 Sternen

Worum es geht: 

Treffen sich zwei Trauernde... Harry Crane hatte sein Glück gefunden! Er arbeitet in einer Försterei und hat die Liebe seines Lebens geheiratet. Als Beth allerdings überraschend stirbt, weiss er nicht wie wie er weiterleben soll. Erst als ihm im Wald Oriana begegnet, eine Neunjährige die nicht glaubt, dass ihr Vater gestorben ist, kommt wieder etwas Schwung in sein Leben. Oriana glaubt an Märchen, Engel und daran, dass ihr Vater sich nur verwandelt hat und in einer anderen Gestalt wiederkommen wird. In Harry sieht sie den Beweis und Schlüssel zur Lösung.

Meine Meinung: 

"Harry's Trees" ist das neueste Werk von Jon Cohen, und hat international recht ordentliche Kritiken erhalten. Ich muss zugeben, nach 100 Seiten fragte ich mich wieso. Die ersten 50 hatten mich am Haken. Die Beschreibung der Trauer, des Verlustes und der einzelnen Leben war ordentlich aufgebaut. Hauptproblem sehr schnell für mich war hier die abwechselnden Perspektiven und die Tatsache, dass ein Mann versucht aus der Perspektive einer Frau zu schreiben. Der Sichtwechsel an sich, vor allem auch später wenn die Nebenfiguren mit eingebunden werden, war ganz nett. Ein einfaches Mittel Figuren bisschen dreidimensionaler Wirken zu lassen. Doch vor allem bei Amanda war der Weg meistens holprig für mich. Ganz schlimm wurde es dann mit Oriana. Selten war ich genervter von einer Figur.
Harry tat mir schon ein bisschen Leid. Während sie für den Leser schmackhaft gemacht wird mit "Sie liest so gern", ist sie doch eigentlich eine herrische Nervensäge.
"Dieser Baum würde nie einfach von hier verschwinden. Er wäre die ganze Nacht hier und auch noch am nächsten Morgen, wenn Harry aufwachte. Er würde hier stehen unter blauem Himmel und bei Regen und zu jedem seiner Geburtstage. Dieser Baum war echt und unverrückbar, auf die Buche was Verlass." 
Während Harry sich ein Übergangsleben in Amandas Baumhaus einrichtet, kommen die Nebenfiguren zur Geltung. Ronnie, der sich die Schuld an Dean's Tod gibt, Olive die Bibliothekarin die Oriana ein besonderes Buch ausgeliehen hat. Wolf, Harry's Bruder, der auf seine Art versucht ihm zu helfen. Cliff, Amandas Affäre nach Dean's Tod um ihren Witwenkoller zu stillen (Ich finde es schrecklich, aber so steht es im Buch).
Dafür weiß Cohen mit einer reichhaltig bildlichen Sprache zu überzeugen. So anstrengend der späte Anfang für mich war, umso angenehmer wurde das Ende. Die Handlung ist recht flach und schnell erzählt, desto schöner weiß Cohen mentale Bilder heraufzubeschwören. Auch die Fakten zur Natur und Wäldern war recht nett und nicht zu übertrieben eingestreut.
Oriana und ihre Geschichten (und dazu gehörenden Regeln) sollen dem Buch wohl einen Märchenhaften Touch verleihen. Dies funktionierte bei mir leider nur bedingt. Da mir die Figur, wie bereits gesagt, unsympathisch war, kam da auch kein Flair rüber. Ich gehe aber mal davon aus, dass dies ausschließlich am Zeitpunkt der Lektüre lag. Manche Bücher brauchen den richtigen Moment. Leider war der für "Die geheime Mission des Harry Crane" nicht vorhanden... 
" Wenn die Knospen sich öffnen, zweihunderttausend mit einem Schlag, meint man fast zu hören, wie der Baum einen grossen Seufzer der Erleichterung tut." 
Amanda betrachtete Harry eine Weile. "Weil der Fühling gekommen ist." sagt sie. 
"Weil der Winter vorbei ist." sagt Harry. 
Das Ende, beispielsweise die Auflösung für Oriana, wird jedem bereits nach den ersten 50 Seiten klar sein, und stellt weder eine Überraschung noch Originalität dar. Da es kaum um die Handlung, sondern eher um die Atmosphäre des Buches geht, würde ich anraten in der Buchhandlung mal die ersten 2-3 Seiten anzulesen. Die vorhersehbare Liebesgeschichte hatte keinerlei Sinn für mich, von Knistern mal ganz abgesehen. Was noch dazu kommt, ist die Erwartung, dass beide bereits nach einem Jahr bereit sein sollen für etwas Neues. Wer hat sich diese Regel in Amerika ausgedacht? Bereits in vielen anderen Büchern, habe ich dieses Phänomen gesehen und ich finde es ganz ganz schlimm. Selbst wenn Harry 5 Jahre um seine Beth, die immerhin übers Wasser getanzt ist!, trauert, ist das immer noch OK. Über diese Erwartungshaltung habe ich bereits bei einigen anderen Büchern aufgeregt und war froh es länger nicht mehr gesehen zu haben.
So schön das Cover und die Inhaltsangabe auch sind, mich konnte Harry Crane und seine kleine Mission leider nicht überzeugen. 
"Er war einfach nur Harry Crane, der versuchte, das Herz eines kleines Mädchenszu heilen, indem er ihr Märchen wahr werden liess."