Rezension

Narben, die bleiben

King of Scars - Leigh Bardugo

King of Scars
von Leigh Bardugo

Bewertet mit 3 Sternen

Leigh Bardugo war in diesem Jahr meine literarische Fantasy-Entdeckung. Das Cover vom Lied der Krähen sprang mich gefühlt in jeder Buchhandlung an und geisterte unentwegt durch die Buchseiten auf Social Media. Völlig unbedarft habe ich mich diesem Lied schließlich ergeben und wurde hineingezogen in den Strudel aus Liebe, Verrat, Abenteuer und besonderen Kräften, der doch sehr sehr jungen Protagonisten, die schon viel zu viel für ein Menschenleben erlebt hatten. Toll geschrieben, unheimlich spannend und mit der richtigen Dosis Romantik zwischen all der Action. Die Charaktere sind ordentlich ausgearbeitet und entblättern nach und nach ihre verletzliche Seite. Punktlandung.

Die gold-schwarze Ausgabe von „King of Scars“ setzte haptisch noch eine Schippe drauf. Ästhetisch eine wirklich tolle Buchaufmachung. Inhaltlich habe ich dann doch länger als gedacht gebraucht, um mit den Figuren warm zu werden. Vielleicht weil mir die „Grisha-Trilogie“ als Grundlage fehlt. Im „Gold der Krähen“ fand ich den Freibeuter-Zar sehr geheimnisvoll und spannend, Zar Nikolaus aber erschien mir nun im „Thron aus Gold und Asche“ ein ganz anderer Charakter, viel jünger, als er im Krähenband auf mich wirkte. Nichtsdestotrotz sind er und Zoya die Träger der Handlung. Die Geschichte baut sich um sie herum auf, vor allem um das dunkle Geheimnis des jungen Zaren und den damit verbundenen möglichen Gefahren für ihn und Ravka. Zoya ist undurchdringlich, rau und hart ihren Mitmenschen gegenüber und doch hundertprozentig loyal gegenüber Ravka. Zwischen ihr und Nikolai wabern an wohldurchdachten Stellen der Handlung unausgesprochene Gefühle hin und her. Und es gibt ein Wiedersehen mit Nina aus den Krähenbüchern, die als Geheimagentin mit verändertem Äußeren ausgerechnet in Fjerda spioniert. Leider scheint die optische Veränderung auch Auswirkungen auf ihre Figurengestaltung genommen zu haben, ich habe das gesamte Buch über versucht, wieder mit ihr warm zu werden. Das hat leider nicht so gut geklappt und ich kann nicht genau festmachen, warum nicht. Das wäre an sich auch mein Fazit zum gesamten Romans. Es hat mich einfach nicht so in seinen Bann ziehen können, wie die Krähen-Reihe. Vielleicht weil es zu viele verschiedene parallele Schauplätze gab, und zwar alle Figuren im Wohle der Grisha und für Ravka handelten, aber die Verbundenheit und das Gemeinschaftsgefühl nicht so stark herüber gekommen ist. Mir fehlten die witzigen, fiesen Dialoge, die man sich in der Krähentruppe ständig um die Ohren gehauen hatte. „King of Scars“ ist bedächtig und schwermütig. Es fehlt den Figuren der selbstmörderische Übermut innerhalb einer eigentlich unmöglichen Aufgabe. Die Charaktere sind gezeichnet von den Kämpfen zuvor, ordnen sich beflissen dem Staatswohl unter. Da ist Leichtigkeit eben fehl am Platz.