Rezension

Naturgewalt vs. Mensch

Terror - Dan Simmons

Terror
von Dan Simmons

Bewertet mit 4 Sternen

Dan Simmons Roman erzählt die Geschichte von Sir John Franklins letzter Arktisexpedition auf der Suche nach der Nordwestpassage mit den Schiffen „Erebus“ und „Terror“, deren Verlauf und Ende nahezu unbekannt sind. Das nutzt Simmons zu seiner Version der Geschichte, wie sich das Schicksal der 129 Expeditionsteilnehmer im ewigen Eis erfüllt. Die Geschichte ist kapitelweise aus Sicht der Reisenden erzählt, wobei diese „Point of View Characters“ gleichzeitig meist zentrale handelnde sind, hier insbesondere Kapitän Francis Crozier und Dr. Harry Goodsir.

Die Hauptrolle spielt die Arktis selbst: die menschenfeindliche Ödnis, das grausame Packeis, die tödliche Kälte, die erbarmungslosen Stürme, die Drangsal ewig scheinender Finsternis. Auf diesen Gegner glaubte die Expedition dank modernster Ausrüstung gewappnet zu sein, doch eine Dampfmaschine von 22 PS reichte nicht, das Packeis zu brechen, die Konserventechnik war knapp 30 Jahre nach ihrer Erfindung nicht zuverlässig, zumal wenn die Admiralität am falschen Ende spart. Die Hybris des Menschen zeigt sich im unbegründeten Vertrauen auf die Technik und in seinem Traum, die Erde bis in den letzten zugefrorenen Winkel erforschen und vermessen zu wollen. Hierin scheitern John Franklin und seine Begleiter. Sie wagen sich zu weit in den falschen Sund, frieren auf Jahre an der Westküste des King-William-Landes fest und werden  durch die unbarmherzige Naturgewalten dezimiert. Der Mensch bleibt auch in der Polarregion des Menschen Wolf: Der Heimtücke fallen ebenfalls einige Expeditionsteilnehmer zum Opfer, und Heimtücke verhindert auch die Rettung durch Eskimos.

Naturgewalt, menschliche Hybris und allzumenschlicher Hass sind ausreichend, um die Geschichte zu erzählen, die sich im Übrigen einer vorzüglichen Sprache bedient und merklich guter Recherche in Reiseberichten der Zeit bedient. Simmons erfindet jedoch leider noch ein Eisbärurzeitmonster, dessen Lauern in der Dunkelheit und am Rande des Gesichtskreises die ganze Geschichte gerade des Mittelteils dominiert und auf das Niveau eines Horrorromans bringt. Zwar wird die Bestie am Ende in die Mythenwelt der Ureinwohner gebettet und erfährt so eine Erklärung, die in den Kontext des Widerstreites von Mensch gegen Natur passt, doch das Horrorelement stört erheblich.

Fazit: Großartiger Roman mit eiskaltem Klima, dessen fünfter Stern jedoch den stahlharten Fängen des Eismonsters zum Opfer gefallen ist.