Rezension

Nette Idee, schwache Umsetzung

Anna und Anna - Charlotte Inden

Anna und Anna
von Charlotte Inden

Bewertet mit 1 Sternen

Der Klappentext verspricht zwei Liebesgeschichten, die in Briefen mitgeteilt werden: Die Liebegeschichte von der jungen Anna Bloom und Jan und die Liebesgeschichte von ihrer Oma, der alten Anna Bloom, und Henri. Die Briefe werden als "zart, poetisch, frech, munter, leidenschaftlich und komisch" beschrieben. Dazu geben zwei Rezensionsausschnitte an, dass es sich um einen "Sehnsuchtstext" (laut Christian Staas von der ZEIT) und das "beste Jugendbuch der Saison" handelt (Manuela Haselberger, Eselohr).

Ich mag Briefromane, ich mag Liebesgeschichte und wenn ein Buch dann noch dem Großvater gewidmet wird ("In Erinnerung an meinen Großvater, der mir so schöne Briefe schrieb.") dann muss es ja eigentlich gut sein. Dachte ich.
 

Handlung: 

Die junge Anna Bloom ist verliebt in Jan, der allerdings aufgrund der Trennung seiner Eltern wegzog, nach Amsterdam. Die beiden schreiben sich Briefe, recht unregelmäßig, bis sie sich nach zwei Jahren in Amsterdam treffen. Die alte Anna Bloom schreibt abwechselnd ihrer Enkelin, obgleich sie im selben Haus wohnen, ihrem verlorenen Bein, das im Garten begraben liegt, und Henri.
Es entstehen Liebegeschichten, die der Leser lückenhaft erzählt bekommt. Immer wieder fehlen Antwortbriefe, es bleiben Fragen offen. Einige Fragen klären sich im Laufe des Buches, andere nicht.

Insgesamt geht es um die erste große Liebe, die Frage, wie lange diese halten kann, und um die Frage, wie sich Freundschaften verändern, wenn daraus Liebe wird. Es geht um die Liebe im hohen Alter, um den Verlust des langjährigen Ehepartners, um neue Liebe. Es geht um Hoffnung und um das Riskieren. Und es geht, fern von allen Liebesgeschichten, um Familienzusammenhalt und um die Beziehung zwischen einer Großmutter und ihrer Enkelin. 
Viele schöne, wichtige und berührende Themen, die allerdings alle eher angeschnitten werden, Raum für eigene Gedanken geben, aber nicht wirklich behandelt werden. Es regt zum Nachdenken an, es gibt aber wenig neue Impulse.
 

Sprache: 

Charlotte Inden ist studierte Germanistin. Das Buch ist eindeutig als Jugendbuch ausgeschrieben und so ist es wenig verwunderlich, dass die Sprache sehr kindlich ist. Es ist eine einfache Sprache. Was mich enttäuscht ist, dass alle Schreiber die selbe Sprache verwenden. Es gibt keinen Unterschied zwischen Annas und Annas Briefen und auch Jans Briefe klingen exakt genauso. Henris Briefe bekommen wir nie zu lesen.

Gefühl: 

Es wäre so viel möglich gewesen. Aber leider machen die Sprache und nur angedeutete oder angedachte Themen viel an Gefühlen zunichte, bevor sie überhaupt entstanden sind. Die Liebegeschichte zwischen der jungen Anna und ihrem Jan wird tatsächlich anfangs sehr schön erzählt und man kann sich gut in die Situation reindenken. Auch der Verlauf der Geschichte, die Probleme und weiteren Begegnungen nehmen einen mit und man hofft mit den Beiden. Die Familiengeschichte, die Liebesgeschichte von der alten Anna und die Beziehung zwischen beiden Annas hingegen könnten so viel emotionaler sein.

Gesamt: 

Es gibt leider noch Dinge, die mich abgesehen meiner drei Bewertungskriterien sehr gestört haben.

Man rätselt lange, wie alt die junge Anna zu Beginn der Geschichte wohl ist. Die ersten Briefe der alten Anna klingen, als wäre die junge Anna vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. In Kapitel 4 erfährt man dann, dass sie 12 Jahre alt ist, was wesentlich besser zum Verliebtsein passt, aber wesentlich schlechter zur Sprache.

Die junge Anna hat eine Freundin. Es werden wirklich nicht viele Namen genannt, in diesem Buch. aber auf Seite 22 heißt die Freundin "Marie-Louise", ab Seite 29 "Marie-Luise", was lange so bleibt. Im Teeniealter der jungen Anna ist es nur noch "Mary-Lou", womit ich sehr gut leben kann. Ab Seite 159 ist es dann wieder "Marie-Louise", ab Seite 164 wieder "Marie-Luise". Mal ehrlich, wenn man sich für einen schönen Doppelnamen für die beste Freundin der jungen Anna entscheidet, dann sollte man sich auch für eine Schreibweise entscheiden und diese konsequent durchhalten. Das muss doch spätestens bei der Korrektur auffallen. Vielleicht bin ich kleinlich, aber bei meinem Namen geht es mir nun einmal nahe.

Es bleiben aber, wie bei der Handlung schon erwähnt, einfach viele Fragen offen. Wer genau ist jetzt eigentlich Henri? Was ist seine Geschichte?

Man kann dieses Buch gut an einem Abend runterlesen und dafür ist es ganz nett. Ein wirklich gutes Buch ist es in meinen Augen allerdings nicht.